Das Schreiben und wir – Drei Autor*innen, ein Gespräch

Ein Gespräch unter alten Bäumen zwischen den Autor*innen Jess Tartas, Ina Steg und Morton Tartas über das Buch „Der Weg des Künstlers“ von Julia Cameron. Notizen, Gedanken und Erfahrungen über eine andauernde Reise, das Schreiben, den Mut, zu scheitern, liebevolle Weggefährten und das Selbstbild als Künstler*in.

 

Wie das Buch „Der Weg des Künstlers“ zu uns fand und warum wir uns entschlossen, es durchzuarbeiten.

 Jess: Die Autorin und Kabarettistin Andrea Schomburg gab ein Theaterseminar an meiner Uni. Natürlich ging es hauptsächlich um Schauspiel, dennoch war ihre Lehre auch von ihrer Tätigkeit als Autorin geprägt. Ich sah in ihr eine außergewöhnliche Ansprechpartnerin und sagte in der letzten Sitzung frei heraus: „Ich will als Schriftstellerin arbeiten und davon leben können.“ Es gehört Mut dazu, dies so offen auszusprechen, denn oft wird man dafür belächelt oder stößt sogar auf Ablehnung und erhält Ratschläge, die einem davon abraten, es überhaupt zu versuchen. Frau Schomburg war aber ausgesprochen ermutigend und riet mir, mit dem „Weg des Künstlers“ zu arbeiten. Es hätte auch ihr geholfen, den Einstieg zu finden. Ich nahm ihren Rat ernst und bestellte mir umgehend das Buch in der kleinen Buchhandlung, die auf dem Heimweg von der Uni zu meiner Wohnung liegt. Am nächsten Tag ging es dann los.

Jess Tartas

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Morton: Als Künstler empfand ich mich trotz der Gedichte, Theaterstücke oder Kurzgeschichten, die ich in meiner Jugend schrieb, zu keiner Zeit. Dann, als meine Geliebte, Jess, in einem Theaterseminar von der Dozentin das Buch empfohlen bekam, nahm Jess mich gleich mit auf den Weg des Künstlers. Es klang so sehr nach uns, die wir viel schrieben, aber nicht so recht wussten, wohin mit den Worten. Zu Beginn der Arbeit mit dem Buch kam wohl die Frage auf, was wäre denn, würden wir es ernst meinen, würden schreiben, um davon zu leben? Vor dem Buch lautete die Antwort darauf: Kategorienfehler, die Frage ist falsch gestellt, ich kann das nicht. Durch das Buch entkräftete sich diese kreative Kasteiung, es ist nun mehr folgende Antwort: Klar, mach doch!

Das Gemeinsame, das wir durch die Seiten des Buches nun teilten, war gespickt von unseren beiden Perspektiven, Zweifeln und Hoffnungen. Ich glaube, dass eine große Triebfeder, das Buch zu nutzen, die morgendlichen drei Seiten freien Schreibens sind. Ein Ritual, dass wir beide bis heute beibehalten.

Morton Tartas

 

Ina: Vor zwei Jahren verlor ich plötzlich die Leidenschaft am Schreiben. Ich arbeitete zu dem Zeitpunkt an der Entwicklung einer neuen Geschichte deren Figuren ich sehr mochte und auf die ich mich freute, aber trotzdem hatte ich keine Leichtigkeit mehr am Schreibtisch und ich kam kaum noch voran. Ich machte mich auf die Suche nach einem Schreibratgeber, in der Hoffnung, dass mich neue Denkanstöße motivieren könnten. Eher durch Zufall fand ich im Netz Camerons Buch. Ein Glücksfall. Ich fasste bereits nach den ersten Seiten den Mut, beim Schreiben eine Pause einzulegen und mich ganz und gar den wöchentlichen Aufgaben zu widmen. Nach und nach kam die Lust auf das Schreiben zurück und ich konnte mir dank der vielen unterschiedlichen Anregungen einen tolle Schatzkiste zusammenstellen, auf die ich nun immer wieder zurückgreifen kann.

Ina Steg

 

Wenn die Kreativität nicht fließt und was uns dann hilft.

 Morton: Nachdem ich verstanden habe, dass etwas meine Kreativität im festen Griff der Unproduktivität hat, geht es oft darum, die Ursache und Hilfsmittel dagegen zu erkennen. Zumeist ist es das Gespräch mit Jess, sie schreibt selbst und ist meine Gefährtin. Manchmal sind die Probleme klein, so wie Wetterfühligkeit oder Übermüdung. Dafür lässt sich mit einem Spaziergang sorgen.

Jedoch muss nicht immer etwas Problematisches vorliegen. Es kommt schließlich auch vor, dass die Geschichten mehr hergeben wollen, als ich selbst zu schreiben weiß. In solchen Fällen ist es auch wieder der Austausch, der die Kohlen anheizt, auf welchen ich bei freudigem Schreiben sitze.

Ein weiteres Kreativmittel ist für mich Musik. Ich versuche mich der Neugierde wegen, an verschiedenen Instrumenten oder probiere neue Griffe auf der Gitarre, die ich noch am besten beherrsche. Dies führt mich dann zur Musik von den Smashing Pumpkins, Nick Cave und Amanda Palmer. Deren Klänge wiederum wecken den Wunsch nach dem Draußen, frischer Luft und spazieren im Wald. All diese Handlungen sind an das Lesen anderer Autor*innen gekoppelt. So begleitet mich ein Buch in den Wald, in die U-Bahn und tapst mir in der Wohnung in jedes Zimmer hinterher. Die Worte darin, die linguistisch gezeichneten Bilder, sie stoßen mich an und machen mich sagen: Genauso will ich das auch!

 

Ina: Früher dachte ich, ich müsse auch in so einer Situation dranbleiben und unbedingt weitermachen. Jetzt mache ich viele Pausen, besonders wenn es gut läuft, denn mittlerweile weiß ich, dass ich mich dann besonders schnell auspowere und meine kreative Kraft verschleudere. Wenn ich neue Ideen brauche, gehe ich gerne spazieren, ohne bewusst über etwas nachzudenken. Mir helfen bunte, verrückte und liebevolle neue Eindrücke. Ich liebe zum Beispiel Museumsshops. Dort ist es oft ganz still und man kann andächtig durch Bildbände blättern oder die vielseitigsten Postkarten betrachten.

Ich beschäftige mich auch immer wieder mit ganz neuen Dingen, die gar nichts mit dem Schreiben zu tun haben. Neulich habe ich Kekse gebacken und sie mit Smarties und Pflaumenmus gefüllt. Ich kehre aus solchen Momenten mit viel Freude und Lust auf das Schreiben zurück. Es hilft mir außerdem, mich mit anderen über meine Sorgen auszutauschen. Ich stelle dann fest, dass ich damit gar nicht alleine bin und ich nicht zu streng mit mir sein sollte.

Schuber der Inspiration von Ina mit Stickern, Kinderbüchern, Zeitschriften, Briefen und Theater-Programmheften.

 

Jess: Manchmal brauche ich Abwechslung im Alltag und dann wieder Ablenkung vom Alltag. Inspiration erhalte ich durch Ortswechsel, beim Lauschen in der Stille, aber auch durch ein Wort, das Gedanken anstößt. Ich muss mir Zeit für Beobachtungen nehmen und was für mich ganz wichtig ist: Bücher lesen, Filme sehen, Hörspiele und Musik hören. Ich ziehe viel Kraft aus der Arbeit anderer. Manchmal inspiriert mich ein Satz in einem Text zu einer neuen Kurzgeschichte. Körperliche Bewegung tut mir auch gut, weil sie meine Gedanken nachhaltig in Bewegung versetzt. Es ist wichtig, mal ganz und gar Abstand vom Text zu nehmen und ihn liegenzulassen. Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen sind für mich auch essenziell, um ein Wir-Gefühl zu spüren und neue Ansätze kennenzulernen. Oh, und gutes, frisches Essen ist sehr wichtig. Schreiben ist ein ziemlich ganzheitlicher Prozess.

 

Was wir beim Schreiben um uns brauchen.

Ina: Wenn ich an einer Geschichte sitze, habe ich immer das entsprechende Notizbuch neben dem Tisch liegen. Für jedes Projekt habe ich ein eigenes Buch, damit nichts durcheinandergerät. Außerdem lege ich mir für jedes Projekt eine kleine Kiste an, in der ich Sachen sammle, die mir bei der Recherche begegnen oder die mich inspirieren. Für „Letzte Zutat Liebe“, in der die Hauptfigur Laura eine Astronautin ist, hatte ich unter anderem einen Bildband über das Weltall darin liegen, eine Spielzeug-Astronautinnen-Figur als Glücksbringer sowie ganz viele Notizzettel, auf denen ich mir Zitate von Astronaut*innen notiert hatte, als ich Dokumentationen der NASA über ihre Weltraumflüge geschaut habe.

Wenn es mir nicht gut geht, brauche ich die gute Energie von anderen. Dann klappe ich meine aufstellbare Pinnwand auf. Daran hängen Postkarten und Briefe von Freunden und meiner Familie sowie Bilder aus Filmen, die mir viel bedeuten. Wenn ich an meiner Steuererklärung sitze, ist der Tisch aus gegebenem Anlass ganz leer und eine Ödnis, da darf mich nichts ablenken, sonst ist es um meine Konzentration ganz schnell geschehen.

Ich arbeite manchmal in der Küche und mal an einem ausklappbaren Tisch im Wohnzimmer, was den Vorteil hat, dass ich nach jedem Projekt immer alles wegräume und beim nächsten Mal wieder Platz für Neues ist. Mir tut das gut, denn es ist jedes Mal wie ein neuer Start.

 

Jess: Am allerwichtigsten ist Ordnung für mich. Keine Pedanterie, aber es darf nichts herumliegen, was eigentlich weggeräumt gehört, weil es mich sonst zum Aufräumen verleitet. Ich muss also darauf achten, meinen Gedanken den Raum zu geben, den sie zum Wandern brauchen. Meine Augen dürfen nicht am Haushalt hängenbleiben, das bereitet auch irgendwie schlechte Laune. Ich habe aber sehr wohl Dinge um mich. Ich habe eine kleine Galerie von Fotos mit mir und Menschen, dir mir nahestehen und jenen, die ich bewundere und treffen durfte. Sibylle Berg, Heinz Strunk, Lindsey Way und Alfred Ladylike. Und auch ihr, Ina und Mort, seid an meiner Wand über dem Schreibtisch. Ich mag Gegenstände, die meine Fantasie anregen.

Gerade versammeln sich auf meinem Arbeitsplatz eine Hexenfigur, ein Hase und ein Zauberbuch vom Künstler Jon Carling, ein Holzwürfel von meiner Mentorin („Manchmal muss man würfeln“, schrieb sie mir dazu), Ganesha, ein kleines Stück vom Boden meiner alten Jugend-Disco, Actionfiguren von Rey Skywalker und Kylo Ren aus Star Wars, Bohnen und ein Schokofrosch aus Harry Potter, ein Bild von Fieberherz und ein alter Silberring. Es geht noch weiter: ein Zauberkessel von Bibi Blocksberg, eine Fledermaus, ein Wal aus Speckstein den Mort für mich gemacht hat, ein Beutel mit den ausgefallenen Schnurrhaaren meiner Katzen, ein Fake-Ausweis aus einer dystopischen Realität des Amerikas 2019, eine Hexenflasche und noch einiges mehr. Das klingt nach viel, ist es auch, aber es sind sehr kleine Dinge, deren Wirkung mächtig ist und darum bekommen sie ihren Platz.


Bücher und Hörspiele, zu denen Jess‘ immer wieder zurückkehrt, weil sie ihr gut tun.

 

 

Morton: An meinem Arbeitsplatz habe ich immer ein Heißgetränk: morgens Kaffee, zu allen anderen Tee. Schreibe ich auf Papier, so ist alles darin gegeben, den Stift über das Blatt zu führen. Ich finde es bemerkenswert, dass es bei weniger sinnlichen Reizen durch Papier, Füller oder Bleistift, weniger an Dingen um mich herum benötigt, als beim Schreiben am Computer. Hier brauche mehr analoge, sachliche Gegenstände, auf denen Hände und Augen ruhen: Tintenfässer, Kerzen, Bücher und Handschmeichler (ein gelber Jaspis). Ich habe digitale Bilder von Landschaften auf dem Desktop oder eine Reisebroschüre vorliegen, genauso wie Texte und Bücher, die zum jeweiligen Thema gehören und mich inspirieren.

Ob digital oder analog – ich habe gern ein weiteres Notizbuch für aufkommende Ideen bereit liegen. Camerons Rat folgend, begleitet mich bei Schreibfrust mein Künstlertotem, ein rosa Yoshi-Plüsch. Am liebsten schreibe ich zur Herbstzeit. Dann umgebe ich meine Schreibplätze mit gesammelten Laubblättern und den Früchten des Herbstes: Eicheln, Bucheckern, Kastanien und Nüssen.

 

Cameron empfiehlt jeden Morgen drei Seiten zu füllen, mit allem, was einem so durch den Kopf geht. Ihre „Morgenseiten“ begleiten uns auf besondere Weise.

Morton: Die Morgenseiten sind mir ein tägliches Ritual geworden, wie eine Literatenzigarette zum Kaffee. Nur gesünder und produktiver. Seit bald drei vier Jahren schreibe ich sie an den meisten Tagen und habe dabei immer freier Schreiben gelernt, was anfangs noch schwierig, sogar schmerzhaft gewesen ist. Da mir die Tätigkeit des Schreibens schon im Prozess des ersten Entwurfs meiner Projekte jeden Satz in perfekter Weise zu fertigen aufzudrängen schien, war es mir zunächst nicht vorstellbar, was das lose Schreiben überhaupt bringen solle. Doch das fehlende inhaltliche Ziel, sowie der nicht vorhandene Anspruch an Qualität, dies macht die Seiten zu einem befreienden Schreiben – es befreit mich vom langen Hadern und bringt mich ins Handeln in allen Lebensbereichen, wenn sie unwillkürlich Thema der Morgenseite werden.

Letztlich bedeutet es für meinen Tag ohne Morgenseite, dass sich die Gedanken über ihn verteilen und mich ungeordnete und auch zusammenhangslose Gedankenblitze ablenken. Mit den Morgenseiten erreiche ich für mich gesetzte Ziele leichter.

 

Ina: Ich habe die Morgenseiten immer mal wieder für mehrere Wochen am Stück geschrieben. In der Zeit passiert so viel mit mir, dass ich dann wieder eine Pause brauche. Ich empfinde die Seiten als ein Schreiben hin zu mir selbst. Die erste Seite ist meist sehr durcheinander und lose Gedanken reihen sich aneinander. Nach einiger Zeit bringe ich dann bestimmte Kernthemen auf das Papier. Das können Sorgen oder Ängste sein, ein Problem, mit dem ich nicht weiterkommen, aber auch überschwängliches, Dinge, die mich gerade faszinieren und beschäftigen, denen ich mich aber vielleicht nicht genug widmen kann oder nicht weiß, wie ich an sie rankomme. Auf der letzten Seite bekomme ich dann „Antworten“. Ich weiß, das klingt schräg, weil eigentlich bin ich selbst ja diejenige, die plötzlich die Lösungen ganz klar erkennt und niederschreibt. Dieser Prozess ist für mich sehr überwältigend, denn er bringt viel neuen Input, Ideen und Lösungen. Ich mache mir schon beim Schreiben der Morgenseiten einzelne Notizen. Oft lösen sie eine ganz akute Sache. Die anderen Notizen lege ich erstmal für ein oder zwei Wochen zur Seite und widme mich ihnen dann nach und nach.

Wenn ich die Morgenseite nicht schreibe, fehlen sie mir an den ersten Tagen sehr, weil im Kopf schnell wieder alles diffus und nicht so klar erscheint. Wenn ich damit nicht gut umgehen kann, schreibe ich die Morgenseiten wieder. Sie sind ein wertvolles Instrument, was ich dann nutze, wenn ich es unbedingt brauche oder mich auf dieses besondere Abenteuer einlassen will.

 

Jess: Zunächst war es eine echte Qual. Oft stand da: Meine Hand schmerzt. Mein Rücken schmerzt. Auf Seite 3: meine Seele schmerzt. Da wurde es dann interessant. Ich fand heraus, welchen Stift ich brauche, um mit der Hand gut schreiben zu können und auch die Seele ziept nicht mehr so sehr. 2018 machte ich eine lange Pause, denn ich war in Trauer. Rückblickend hätte es mir sicher gutgetan, aber ich konnte nicht. Als ich wieder begann, merkte ich, wie sehr sie mir gefehlt hatten. Wenn ich heute keine Morgenseiten schreibe, dann starte ich anders in den Tag. Es ist, als wäre ich weniger fokussiert und wüsste nicht ganz so genau, was ich erleben und erledigen will. Manchmal zwinge ich mich zu den Seiten, auch wenn da dann steht, dass ich Wäsche waschen will und dass es heute Pizza gibt. Manchmal versteckt sich dazwischen doch eine dringende Formulierung eines Wunsches.

Ich habe schon einige Male zurückgeblättert und festgestellt, dass ich mir viele meiner Wünsche erfüllt habe. Manche kleine, aber auch sehr große und lang gehegte. Das hätte ich vermutlich gar nicht bemerkt, wenn ich den Prozess nicht immer wieder aufgeschrieben hätte. Das ist ein gutes Gefühl, weil es mir zeigt, dass ich mich zielstrebig um mich und meine Bedürfnisse kümmere. Allerdings glaube ich, dass ich mir meiner Wünsche nicht so bewusst wäre, wenn ich sie nicht so oft formuliert und schriftlich festgehalten hätte. Über Wochen hinweg zu schreiben: „Ich werde dieses Skript im Mai abgeben, ich werde es tun, ich muss einfach, weil ich es will“ hat eine ganz andere Wirkung, als es zwischen Tür und Angel nur zu denken. Ich habe durch die Morgenseiten wohl auch gelernt, meine Ziele deutlich zu formulieren und sie sehr ernst zu nehmen.

 

Die inneren Kritiker – Begegnungen und Analysen

Jess: Er ist nie da, wenn ich still und brav für mich allein zufrieden bin. Er meldet sich, wenn ich glücklich mit meiner Arbeit bin und ich mich als Schriftstellerin mag. Wenn ich mit Ergebnissen und meiner Freude an die Öffentlichkeit gehen möchte, zum Beispiel auf Twitter, im Blog oder auf Veranstaltungen, dann funkt er mir kurz vorher dazwischen. Er sagt dann etwa: „Zeige mehr Demut. Gib nicht an. Du bist eingebildet.“ Er rollt auch mit den Augen und findet mich schrecklich lächerlich. Ich weiß diese Reaktionen des inneren Kritikers sogar auf konkrete Situationen und Personen in meinem Lebenslauf zurückzuführen, das habe ich in den Morgenseiten freigeschrieben. Denn auch da tauchte der Kritiker auf und streute überall Zweifel.

Es wird aber immer besser, weil ich weiß, dass es gar nicht meine eigenen Gedanken oder Ängste sind, sondern eigentlich die derjenigen, die einst solche ausbremsenden Dinge zu mir sagten. Stichwort: Verhinderter Künstler. Das sind Leute, die selbst gerne kreativ tätig wären, es aber aus verschiedenen Gründen nicht tun, und darum verhindern sie auch das kreative Glück anderer, um sich selbst damit zu beruhigen.

Ich sage meinem inneren Kritiker, dass er den Mund halten und sich verfatzen soll. Das tut mir erstmal gut. Dann nutze ich das im Buch empfohlene Totem als Symbol für mein inneres verletztes Künstlerkind und gebe ihm all den Zuspruch, den es gerade braucht. Inzwischen brauche ich dafür keine Minute mehr und dann ist die Sache abgehakt und ich kann weiterarbeiten.

 

Ina: Er meldet sich nicht nur wenn ich kreativ bin, sondern auch im Alltag. Beim Schreiben sagt er oft: du bist zu langsam. Im Alltag meint er, ich schaffe zu wenig.

Früher hat das dazu geführt, dass ich viel zu hektisch geschrieben habe, was die Überarbeitungszeit noch viel länger gemacht hat.

Ich hatte oft Angst, nicht jeden Tag ausgiebig zu nutzen und habe zig Sachen gemacht, mit dem Ergebnis, dass über lange Strecken nichts wirklich fertig wurde und ich mich total ausgepowert habe. Irgendwann habe ich festgestellt, dass mir dieses Verhalten weder guttut, noch dass ich Freude an den Dingen hatte, die ich gemacht habe. Ich versuche mich nun allem ganz und gar zu widmen und vor allem, nicht immer nur das Ziel vor Augen zu haben, um den nächsten Haken auf der To-do-Liste machen zu können.

Wenn der Kritiker nun meint, ich sei langsam beim Schreiben, kann ich ihm sagen, dass ich dafür den Genuss bei jedem Absatz empfinde und es sich bei der Überarbeitung auszahlen wird. Im Alltag freue ich mich über das, was ich geschafft habe und lobe und belohne mich dafür. Wenn ich Altpapier weggebracht habe, gönne ich mir eine Kugel Eis oder wenn ich nur öde Sachen machen musste, schaue ich einen besonders bunten und fröhlichen Film. Manchmal bin ich auch dankbar, wenn der Kritiker laut wird, denn dann setzt Trotz bei mir ein und ich denke: Weißt du was? Ich mache das wie ich will. Jetzt erst recht!

 

Morton: In jeder Möglichkeit zu schreiben verbirgt sich der Kritiker wie ein Teufel im Detail. Sei es ein Tweet, sei es das neue Kapitel einer literarischen oder wissenschaftlichen Arbeit, fast jedes Wort steht gegen den Zweifel an: „Ist das wichtig? Interessiert es überhaupt? Es gibt doch sicher mehr, bessere und würdigere Schreibende als mich.“ Allzu leicht vergesse ich, dass es nicht meine eigene Lust am Schreiben ist, die mich da anspricht. Natürlich nicht. Aber weil sich der Kritiker schon im Kopf am mentalen Immunsystem vorbeischlich, fällt er nicht so schnell auf und sieht aus wie ein wahrhaftiger Teil meines Selbst.

Bewusst wird er dann als das lähmende Neurotoxin, wenn ich im Gespräch mit anderen bin. Im Zusammensein liegt so viel mehr Potential, mehr Wissen, das zum Erkennen wird. Durch Camerons Definition vom Kritiker ist es mir möglich, die Entfremdung in den kritischen Stimmen zu erkennen. Dann stehe ich da wie Gandalf vor dem Balrog des Morgoth und rufe: Du kommst nicht in mein Herz!

 

Über Erkenntnisse und Ratschläge aus Camerons Buch, anderen Büchern oder von Künstler*innen, die in uns nachwirken und uns bereichert haben.

Ina: In Camerons Buch gibt es eine Übung, in der man sich daran erinnern soll, wodurch früher die eigene Phantasie beflügelt wurde. Bei mir waren es Spielzeugfiguren. Also habe ich mir eine Spielekiste angelegt und als erstes zog eine Dinosaurierfigur dort ein. Ein T-Rex. Er ist ganz bunt und seine Ausstrahlung gewaltig. Er erinnert mich daran, dass ich als Kind auch nur eine einzige Figur brauchte und rundherum entstand dann eine neue Welt. Er hilft mir, mich beim Schreiben daran zu erinnern, dass ich alles rund um eine Figur jederzeit sehen, fühlen und schmecken kann, wenn ich es möchte und brauche. Diese Kiste ist mittlerweile ein herrlich verrückter Ort, darin befinden sich Scharniere, Sticker, Farbtöpfe, Pinsel und Actionfiguren.

In Camerons Buch „Von der Kunst des kreativen Schreibens – Der Weg zum inspirierten Schriftsteller“ gibt es ein Kapitel über Ausdrücklichkeit. Die Kernaussage: Schreibe, was du sagen willst und zwar in all seiner Direktheit und Klarheit. Ich blockiere mich oft, weil ich angelernte Standartformulierungen und Sprachbilder benutze. Bei der Überarbeitung meiner Texte versuche ich mittlerweile diese aufzuspüren und frage mich: was willst du wirklich sagen? Die Formulierung wird danach meist viel einfacher, aber dennoch direkter. Ich habe das auf viele andere Bereiche übertragen. Von einem geschäftlichen Brief oder einer Mail schreibe ich oft eine erste Version und packe dort alles hinein, was ich wirklich sagen will. Das hat zwei Effekte: Zum einen ist dann alles mal raus, was ich zu sagen hatte. Das können auch gerne mal Beschimpfungen sein oder alles, was mich gerade an der Situation ärgert. Zudem komme ich viel schneller auf den Punkt, weil ich in der Ausdrücklichkeit klar und einfach bleibe. Ich muss in der zweiten Version meist gar nicht mehr viel ändern. Ja gut, die Sätze mit den Beschimpfungen nehme ich natürlich raus, aber ich kichere herzlich dabei.

Mich formen und bereichern Begegnungen mit anderen und ich denke, viele Menschen wissen oft gar nicht, was sie alles auslösen können, indem sie zuhören, ihre Erfahrungen teilen oder versuchen, sich in andere hineinzuversetzen. Ich durfte zum Beispiel für ein Foto-Projekt mal eine Schauspielschülerin einen Tag lang begleiten und konnte ihr beim Unterricht und ihren Proben zusehen. Das ist zwölf Jahre her und immer, wenn mir alles zu viel wird, besinne ich mich auf ihre besondere Energie, mit der sie jedem Augenblick begegnete. Ein Moment fließt in den anderen. Der Fokus liegt auf dem, was man jetzt gerade tut und zwar, mit all dem, was man gerade fähig ist, zu geben. Ohne Bewertung, ohne streng mit sich zu sein. Für mich ist das meine Definition von Leidenschaft und Hingabe geworden, die ich ohne sie, vielleicht so nie empfunden hätte.

 

Notizbücher für die Morgenseiten von Jess und Morton (oben).

 

Morton: Für mich sind die Morgenseiten zum Alltag geworden. Ich habe durch sie und das Buch Camerons auch gelernt, dass ich es mir und meiner Kreativität wert bin, mich mit Kleinigkeiten von großer Wirkung zu verwöhnen – das ist zum Beispiel ein Spaziergang mit meiner Lieblingsmusik oder ein neuer Stift, von dem ich noch herausfinden muss, wozu ich den eigentlich gebrauche. Aus dem Buch „Wonderbook“ von Jeff Vandermeer habe ich eine Arbeitsweise für Manuskripte übernommen: Eine Seite der Kladde beschriften, die andere für Notizen, Verbesserungen oder Skizzen freilassen. So lässt sich der Schreibprozess leichter auch auf Papier nachverfolgen, was wiederum Raum für neue Ideen lässt.

Cameron schlug vor, eine Collage vom eigenen Idealbild des Selbst als Künstler*in zu fertigen. Ich tat mich mit der Aufgabe schwer, aber Jess half mir und machte mir ein großartiges Geschenk: Sie fertigte die Collage für mich, was mich sehr glücklich macht. Wann immer ich sie an meiner Wand betrachte, bin ich von ihrem Blick auf meine Person und meine künstlerische Produktion gerührt, beflügelt und ein stückweit stärker als davor.

 

Jess: Ich empfinde Camerons Handlungsplan als eine der hilfreichsten Methoden zum Erreichen von Zielen. Man nimmt sich ein Herzensprojekt vor und schreibt auf, was man hierfür in fünf, drei, einem Jahr, in einem Monat, einer Woche und jetzt tun kann, um es zu realisieren. Ich habe das bisher für ein Kinderbuch, ein Hörspiel und meine Abschlussarbeit gemacht und bin jeweils im Zeitplan geblieben. Zu sehen, wie groß der Unterschied zwischen „Jetzt“ und „in fünf Jahren“ ist, tut gut. Es nimmt dem ganzen Vorhaben die Schwere, denn zu erkennen, dass sich ein Projekt in fünf Jahren vermutlich etabliert hat oder man die Sache eigentlich schon vergessen hat, ist erleichternd. Unter „Jetzt“ steht dann so etwas wie „Ich erstelle diesen Handlungsplan“ oder „Ich kaufe mir einen neuen Bleistift.“ Das ist so niedrigschwellig, da will man dann auch sofort loslegen.

Der Autor Austin Kleon hat in seinem Buch „Steal like an Artist“ über den Künstlerinnen-Stammbaum geschrieben. Man solle sich aus den Menschen, deren Kunst man sich nahe fühlt, seinen eigenen kreativen Stammbaum erstellen. Bei mir stehen da auf der Seite der Verstorbenen zum Beispiel Shirley Jackson, Lucy Maud Montgomery, Peter Lustig und meine Oma. Es tut gut, mich als Person zu betrachten, die künstlerisch von ihnen abstammt. Denn ihre Arbeiten wirken in mir nach und wenn man genau hinsieht, dann erkennt man das auch. Neben mir steht ihr, Ina und Mort, und noch andere Kreative, die mir etwas bedeuten.

Ansonsten ziehe ich viel Kraft für mein Tun aus Begegnungen mit Menschen, die ich für ihre Arbeit bewundere. Als ich zu Sibylle Berg sagte, ich würde gerne das, was sie als Live-Performance zu ihrem Buch „GRM“ tat, auch mal tun will, antwortete sie schlicht „Mach das doch!“ Wenn ich daran zurückdenke, dann sage ich zu mir: Ja, warum eigentlich nicht?

Meine Oma, die von Beruf Musikerin war, sagte immer, man muss die Dinge einfach ausprobieren und wenn es nichts für einen ist, dann lässt man es halt wieder. Sie hat mir mit dieser Einstellung vorgelebt, was es heißt, selbstständig kreativ tätig zu sein. Man hört niemals damit auf und hat dabei auch eine Menge Spaß, wenn man sich gestattet, wirklich neugierig zu sein.

 

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Ein Gespräch mit Ulrike Dietmann

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       „Trau dich was!“

 

 

 

 

 

Ulrike Dietmann veröffentlicht Ratgeber und Geschichten, die Leserinnen und Leser dazu bringen, sich auf eine Reise zu begeben, hin zu sich selbst. Nach dem Studium der Philosophie, Theaterwissenschaften, Publizistik und dem Szenischen Schreiben arbeitete die Bad Mergentheimerin als Freie Autorin, schrieb Hörspielgeschichten, Heftromane, Drehbücher und für das Theater. Schon bald half sie anderen Autorinnen und Autoren als Schreibdozentin und -coach und gründete 2008 die „Pegasus-Schreibschule“. Um jedem einen besonderen Weg zu ebnen, einen Pfad zu seiner Authentizität und seinen Gefühlen zu finden, widmet sich Dietmann der pferdegestützten Persönlichkeitsentwicklung. Im Rahmen ihres Unternehmens „Spirit Horse“ bietet sie Workshops an; im Jahr 2009 gründete sie zudem den Verlag „Spiritbooks“. Im Netz findet man Informationen über sie auf ihrer Homepage oder bei Facebook.

Liebe Ulrike, deinem Ratgeber „Heldenreise ins Herz des Autors – Das Handwerk der Inspiration“ hast du folgendes Zitat von Rumi aus dem 13. Jahrhundert vorangestellt:

Klammere dich ans Verrücktsein

Konventionelle Meinungen sind der Ruin unserer Seele,

etwas Geliehenes, das wir mit Eigenem verwechseln.

Da ist es besser, nichts zu wissen;

klammere dich lieber ans Verrücktsein.

Lass die Sicherheit fahren

und sei zu Hause unter den Gefahren.

Lass den guten Namen hinter dir

und nimm die üble Nachrede hin.

Ich habe lange mit vorsichtigen Gedanken gelebt;

jetzt werde ich verrückt werden.

… was bedeuten dir diese Zeilen?

Sie drücken im Wesentlichen das aus, was ich vermitteln möchte. Ich denke, dass viele Menschen mehr wagen und sich trauen sollten, freier zu denken. In jedem von uns steckt ganz viel Potenzial, mehr als man ahnt. Das würde hervorgebracht, wenn man die gewohnten und vorgeschriebenen Pfade verließe und sich traute wilder und verrückter zu sein.

Spiegelt sich diese Zurückhaltung auch bei den deutschen Autorinnen und Autoren wider?

Ja, leider. Ich erlebe das vor allem bei meinen Reisen durch viele verschiedene Länder, denn ich entdecke dort Texte und Geschichten, die nicht nach einem bestimmten Schema geschrieben wurden. Die deutschen Schriftstellerinnen und Schriftsteller sind da eher zurückhaltend. Ich könnte mir vorstellen, dass unsere Literatur davon aufleben könnte und vor allem in anderen Ländern wieder mehr auffallen würde.

Dann würde man als Autor jedoch auch die Angst besiegen müssen, nicht markttauglich zu sein.

Das wichtigste ist, dass die Leser berührt werden. Die Kraft einer Geschichte, eines Textes entwickelt sich nur dann, wenn die Autorin oder der Autor beim Schreiben authentisch war. Wenn er oder sie sich ganz und gar mit dem Thema identifiziert und beschäftigt und mit Leidenschaft und Liebe alles dafür tut, die Worte und seine Botschaft für andere auf das Papier zu bringen, dann wird der Text einen Weg zu seinem Leser finden.

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Warum hast du vor acht Jahren die Pegasus Schreibschule gegründet?

 

 

Ich wollte einen schönen Ort schaffen, an dem kreatives Potenzial frei fließen kann. Ich halte nicht so viel von den klassischen Lernzimmern, bei mir gibt es bequeme Sofas und bunte Stühle und wir gehen zwischendurch raus in die Natur. Durch die Coachings und Workshops möchte ich jedem etwas mitgeben, das er für sich nutzen kann. Ich kann mir in dieser Zeit den einzelnen Menschen anschauen und individuell auf ihn eingehen. Wir sind bei den Workshops meist neun Leute, jeder bringt seine persönlichen, speziellen Ideen mit, die wir vor allem nach dem Modell der Heldenreise ausbauen. Jeder hat eine ganz eigene Stimme und Botschaft und mir ist es wichtig, diese auszugraben. Ich denke, es ist für jeden gut, einen Lehrer zu haben, das erleben wir in vielen Bereichen unseres Lebens. Manchmal kann nur jemand Außenstehendes die Probleme erkennen und benennen oder das Potenzial bestimmter Ideen greifbar machen und dadurch die Entwicklung beschleunigen.

Könntest du das Modell der Heldenreise erläutern?

Die Heldenreise ist ein geniales Modell des Geschichtenerzählens. Damit kann jeder Autor in recht kurzer Zeit lernen, Geschichten zu erzählen, die garantiert spannend sind. Die Heldenreise führt die Hauptfigur durch eine Entwicklung, in der sie eine wahre Veränderung erfährt. Das ist der Kern aller echten Geschichten. Die Heldenreise wird auch in der Persönlichkeitsentwicklung verwendet und ist das effektivste und nachhaltigste Modell für Veränderung, das ich kenne. Sie hört nie auf, mich zu faszinieren. Die Heldenreise beschreibt die Grundstruktur von Geschichten, wie sie zu allen Zeiten in allen Kulturen erzählt wurden. Sie ist deshalb so erfolgreich, weil sie die einzelnen Stadien beschreibt, die die menschliche Psyche durchläuft, wenn sie sich verändert.

Seit 2008 bietest du im Rahmen deines Unternehmens Spirit Horse die spirituelle Persönlichkeitsentwicklung mit Pferden an. Im Umgang mit den Tieren kommt das eigene Innere zum Vorschein. Warum ist das so?

Tiere reagieren auf das Authentische in einem Menschen. Die Pferde nehmen nur Kontakt auf, wenn du ganz und gar du selbst bist, sie zeigen dir den Unterschied zwischen wahrem Sein und falschen Selbst, denn du kannst ihnen nichts vormachen. Pferde erkennen das Lebendige in dir und antworten darauf. Die Begegnungen mit den Pferden laufen für jeden unterschiedlich ab, es sind ganz persönliche Erfahrungen, die dich auf die unterschiedlichsten Weisen stärken.

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Viele deiner Erkenntnisse gibst du auch in Ratgebern wieder. Deine Bücher erscheinen mittlerweile in deinem eigenen Verlag Spiritbooks, das Kernteam besteht aus vier Leuten sowie zwanzig Autorinnen und Autoren. Was hat dich motiviert, es mit einem eigenen Verlag zu versuchen?

 

 

Als ich mich mit den Möglichkeiten beschäftigte, was dieses selbstbestimmte Arbeiten bedeutet, habe ich eine große Befreiung und Freude erlebt. Für alles rund um ein Buch verantwortlich zu sein, für den Inhalt, den Titel und das Cover und für die Autorinnen und Autoren da sein zu können, bringt besondere Erfahrungen und viele schöne Momente mit sich. Und manchmal erreichen mich Texte, die für andere Verlage nicht lukrativ genug wären. Ich freue mich, dass ich diesen Schriftstellern eine Plattform geben kann.

Werfen wir einen Blick hinter die Kulissen, wie entsteht bei euch ein Cover?

Ganz oft haben die Autorinnen und Autoren schon eine eigene Vorstellung davon, diese ergänzen sie dann mit eigenen Fotos; manche kennen auch Malerinnen oder Maler und sie finden Bilder, die zu ihren Texten passen. Wir schauen gemeinsam, welches Bild die emotionale Botschaft am besten rüberbringen kann. Die Entwicklung von Covern ist spannend, denn dabei passieren manchmal unvorhersehbare Dinge. Die Cover fliegen einem regelrecht zu. Wir hatten das Cover für mein Buch „Das Medizinpferd“ schon festgelegt. Kurz darauf klingelte es an meiner Haustür und die Malerin Daniela Roßner fragte mich, ob sie mir ihre Mappe zeigen könnte und mein Cover lag plötzlich vor mir.

Du schreibst jedes Jahr ungefähr zwei Ratgeber, gibst um die fünfzehn Workshops und einzelne Coachings und bildest Trainer in der Heldenreise mit Pferden aus. Wie geht deine Reise weiter?

Im Augenblick entsteht mein erster Online-Lernkurs und ich bin dabei, Filme für YouTube zu machen. Ich bin fasziniert von den vielen Möglichkeiten, die die Entwicklung der Technologie bietet. Da ich ein Mensch mit einer Mission bin, sucht etwas in mir immer nach neuen Wegen, Menschen zu erreichen. Das ist meine Natur: andere zu berühren, Menschen zu begegnen und mit ihnen zu wachsen. Das macht mich glücklich.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

 

Bildrechte: Ulrike Dietmann

 

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Veröffentlichungen (eine Auswahl)

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Lieben und Frei sein (2016)

 Reise in die innere Wildnis – Urkraft für den Alltag (2015)

Epona – Die Pferdegöttin (2013)

Heldenreise ins Herz des Autors – Das Handwerk der Inspiration (2012)

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Mehr bei: „Spiritbooks“

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Zehn Fragen an Jae

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„Wenn mich die Charaktere nicht mehr loslassen, entwickle ich Buch-Serien“

 

 

 

 

 

 

 

Jae schreibt Liebesgeschichten, Krimis und Übersinnliches. Ihr erstes Buch wurde 2007 veröffentlicht, seitdem kamen zehn englische und fünf deutsche Romane hinzu. Ihre Geschichten regen zum Träumen an, machen nachdenklich und sind zugleich immer mit einer kräftigen Prise Humor verfeinert. Die Figuren müssen für ihr Glück kämpfen, sich in schwierigen Alltagssituationen behaupten und für die Liebe einige Risiken eingehen.
Vor zwei Jahren hat Jae ihren Beruf als Psychologin aufgegeben, um als Vollzeit-Schriftstellerin und Lektorin zu arbeiten. Ihre deutsche Webseite findet man unter jae-fiction.de und die englische unter jae-fiction.com.
Auf der Webseite sandragerth.com gibt sie ihre Erfahrungen an Autorinnen und Autoren weiter, dort veröffentlicht sie unter ihrem eigentlichen Namen zahlreiche Tipps, zum Beispiel über den Schreibprozess, die Arbeit am Text und das Zeitmanagement. In diesem Jahr erscheint ihr zweiter Schreibratgeber. Auf Twitter findet man sie unter @JaeFiction.

Jae, vielen Dank, dass du dir Zeit für das Interview nimmst. Erzähl doch mal ein wenig über dich, wer bist du und was machst du?

Herzlich gerne und danke für das Interview!
Also, was gibt es über mich zu erzählen? Ich bin Vollzeit-Schriftstellerin und Lektorin für den Ylva Verlag, einen kleinen aber rasch wachsenden Verlag, der sich auf englisch- und deutschsprachige Literatur für Lesben spezialisiert hat.
Ich wohne im schönen Freiburg, an der Grenze zur Schweiz und zu Frankreich.
Ich schreibe vor allem Liebesromane, einige davon auch mit paranormalen, historischen oder Krimi-Aspekten. Seit fast zehn Jahren schreibe ich alle meine Romane auf Englisch. Letztes Jahr habe ich dann beschlossen, meine Bücher auch für deutsche Leserinnen und Leser zugänglich zu machen und übersetze seitdem meine Werke in meine Muttersprache.

Wann hast du dein erstes Buch veröffentlicht, wovon handelt es und wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem Ylva Verlag?

Mein erstes Buch habe ich Ende 2007 bei einem amerikanischen Verlag, L-Book, veröffentlicht. Das war Backwards to Oregon, ein historischer Liebesroman, der im Jahr 1851 spielt.
2011 hat dann eine Freundin von mir, Astrid Ohletz, den Ylva Verlag gegründet und mir gefiel ihre Philosophie, die oberste Priorität auf Qualität und einen partnerschaftlichen Umgang mit den Autorinnen legt. Außerdem handelt es sich um einen internationalen Verlag mit Veröffentlichungen in englischer und deutscher Sprache, was mir Gelegenheit bot, meine Bücher in beiden Sprachen zu veröffentlichen. Also habe ich dann 2012 den Verlag gewechselt und veröffentliche seitdem glücklich und zufrieden beim Ylva Verlag bzw. Ylva Publishing.

Wenn du dich an deine ersten ausführlichen Schreibversuche für eine Geschichte zurück erinnerst, was fiel dir besonders schwer und wie hast du dich dem gestellt?

Oje, das ist lange her. Damals war ich 11 Jahre alt und habe einfach drauflos geschrieben, ohne irgendwelche Regeln zu kennen oder zu beachten. Wirklich ernst wurde es mir mit dem Schreiben erst, als ich angefangen habe, meine Geschichten mit Lesern und Leserinnen außerhalb meines Freundeskreises zu teilen, sie also im Internet zu posten.
Ich weiß noch, dass ich damals Probleme hatte zu entscheiden, wie Absätze gesetzt werden und auch mit der goldenen Schreibregel „show, don’t tell“ so meine Schwierigkeiten hatte. Aber zum Glück habe ich schnell Betaleser gefunden, die zum Teil erfahrene Autorinnen waren und mir weiterhelfen konnten.
Ansonsten hat es mich Überwindung gekostet, mich zu trauen, auf Englisch zu schreiben und dann auch zu veröffentlichen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, nicht mit den Muttersprachlern mithalten zu können. Aber nach dem Motto „Augen zu und durch“ habe ich mich dem einfach gestellt. Auch dabei haben mir Betaleser sehr geholfen. Durch ihr Feedback konnte ich dazulernen und sprachliche – aber auch kulturelle – Fallstricke umgehen.

Du hast dich 2013 entschieden, deinen Job als Psychologin aufzugeben und Vollzeitschriftstellerin und Teilzeitlektorin zu werden. Erzähl mir etwas über die Zeit danach, wie hast du dich neu strukturiert? Wie kann ich mir deinen Wochenablauf vorstellen?

Anfangs war das gar nicht so einfach wie gedacht. Als Vollzeitautorin, die vom Schreiben lebt, kann man ja nicht einfach warten, bis einen die Muse küsst. Das Schreiben ist ein Job und kann nicht einfach dem Zufall überlassen werden.
Ich war es gewöhnt, abends zu schreiben, habe aber schnell gemerkt, dass ich morgens produktiver bin. Deshalb widme ich meine produktivsten Stunden dem Schreiben, ohne mich erst mit dem Beantworten von E-Mails oder Ähnlichem aufzuhalten. Das Internet kann da sowohl Segen als auch Fluch sein, deshalb versuche ich, erst nach dem Mittagessen online zu gehen.
Ich habe mir zum Ziel gesetzt, jeden Tag 2.000 Wörter zu schreiben. Da ich ziemlich langsam schreibe, dauert das Stunden. Aber dafür sind meine Manuskripte schon im ersten Entwurf recht sauber.
Gegen Mittag widme ich mit dann meinen Pflichten als Cheflektorin des Ylva Verlags bzw. Ylva Publishing, lektoriere, beantworte Leser-Mails und betreibe Marketing.
Ein richtiges Wochenende habe ich bisher meistens nicht. So kann das gehen, wenn man das größte Hobby und seine Leidenschaft zum Beruf macht!

Arbeitest du an mehreren Geschichten gleichzeitig? Wie organisierst du deinen Schreibprozess?

Was den Erstentwurf betrifft, so arbeite ich immer nur an einer Geschichte. Allerdings habe ich zugleich andere Geschichten in anderen Phasen des Entstehungsprozesses. Zum Beispiel kann es sein, dass ich morgens an einem Roman schreibe, mittags dann letzte Überarbeitungen an einem anderen Roman oder einer Kurzgeschichte vornehme und abends ein wenig für ein zukünftiges Buchprojekt recherchiere. Die meiste Zeit reserviere ich dabei immer fürs Schreiben neuen Materials.
Ich schreibe meine Romane in Scrivener, einem Schreibprogramm für Autoren. Die Software erlaubt es mir, all meine Unterlagen, zum Beispiel Recherchen zum Beruf der Hauptfigur und zum Setting, Charakterbiografien und das Manuskript im selben Dokument anzulegen. Auch Bilder, Webseiten oder PDF Dokumente können importiert werden.

Woher holst du dir Inspiration für deine Figuren und Geschichten?

Manchmal weiß ich das selbst nicht so genau. Ideen können von überall her kommen. Von etwas, was ich irgendwo lese oder was mir oder jemandem, den ich kenne, selbst passiert ist. Meistens fängt aber alles mit der Frage „Was wäre, wenn…?“ an und dann beginnt mein Autorinnen-Gehirn, eine Geschichte um eine Grundidee herumzuspinnen. Dabei stehen die Hauptfiguren immer im Vordergrund. Zum Beispiel ist die Grundidee von Cabernet und Liebe die Folgende: Was wäre, wenn eine Frau, die sich eigentlich für heterosexuell hält, von ihrem Bruder hereingelegt und auf ein Date mit einem vermeintlich männlichen Studienfreund geschickt wird – der sich dann jedoch als lesbische Winzerin entpuppt…

Rosen für die Staatsanwältin

 

 

 

In diesem Monat ist der Krimi Rosen für die Staatsanwältin erschienen, der zweite Teil der Portland-Serie.

Wie kam es dazu, dass du dich entschieden hast Buch-Serien zu entwickeln? Worin liegen die Hauptunterschiede zu einer in sich abgeschlossenen Geschichte?                   

 

Zum einen fand ich, dass die Geschichte mit dem ersten Buch, „Auf schmalem Grat,“ zwar ein zufriedenstellendes Ende fand, aber dass es noch sehr viel mehr über die beiden Hauptfiguren zu berichten gab. Außerdem hatte ich auch die Nebenfiguren des ersten Romans liebgewonnen und wollte ihnen im zweiten Buch etwas mehr Raum und eine eigene Liebesgeschichte geben. So verhält sich das mit allen meinen Serien. Die Charaktere haben mich einfach nicht losgelassen. Und die Leserinnen wohl auch nicht, denn ich habe immer wieder Mails mit der Bitte um eine Fortsetzung erhalten.

Im Unterschied zum „Einzelroman“ hat man als Autorin einer Serie mehr Raum, die Charaktere eine längere Entwicklung durchmachen zu lassen und ihr Leben über einen längeren Zeitraum zu verfolgen. Die Schwierigkeit liegt dabei darin, das Buch so zu schreiben, dass auch Leserinnen, die Teil 1 nicht gelesen haben, den zweiten Teil verstehen und genießen können, gleichzeitig aber auch Leserinnen, die Teil 1 kennen, nicht mit alten Informationen zu langweilen. Ich denke, es ist mir gelungen, eine gute Balance zu finden.

Auf deinem Blog veröffentlichst du regelmäßig Tipps für Autorinnen und Autoren. Gab es einen speziellen Auslöser, weshalb du damit angefangen hast?

Mir war es wichtig, jungen bzw. neuen Autorinnen und Autoren Starthilfe zu geben, so wie ich mir das damals gewünscht hätte. Mit meinen Blogbeiträgen, aber auch indem ich als Mentor und Betaleserin fungiere, versuche ich, ein wenig von der Hilfe zurückzugeben, die andere Autoren und Betaleser mir über die Jahre zukommen ließen.

Seit diesem Jahr gibt es den Schreibratgeber Goal Setting for Writers von dir, im Dezember erscheint Time Management for Writers. Wie entwickelst du die Struktur und den Inhalt deiner Ratgeber?

Am Anfang steht immer ein Brainstorming. Ich überlege mir, was ich als Leserin zum Beispiel über das Thema Zeitmanagement wissen wollte. Auf diese Weise entsteht dann das Inhaltsverzeichnis und dann überlege ich mir für jedes Kapitel, welche Unterabschnitte enthalten sein müssen, um das Thema umfangreich abzudecken. Zum Beispiel habe ich mir für das Kapitel „Ablenkungen“ dann überlegt, warum kreative Menschen besonders anfällig für Ablenkungen sind, welchen Ablenkungen sie ausgesetzt sind und wie man diese erfolgreich bekämpfen kann.
Nachdem dann die Struktur steht, fange ich an zu schreiben. Dabei bemühe ich mich immer, möglichst lebensnah zu bleiben und durch Beispiele anderer Autoren und eigene Erfahrungsberichte das Buch anschaulich zu gestalten.
Am Ende gebe ich das Manuskript dann an meine Betaleser, mit der Bitte um Rückmeldung zu dem, was hinzugefügt, ausgebaut, geändert oder gestrafft werden muss.

Gibt es etwas, was du den Leserinnen und Lesern noch gerne mitteilen möchtest?

Dann nutze ich doch die Gelegenheit, um Danke zu sagen an alle, die meine Bücher gelesen und vielleicht sogar Rezensionen oder Feedback-Mails geschrieben haben. Ich hoffe, meinen Lesern und Leserinnen auch weiterhin viele schöne Lesestunden bereiten zu können!

 

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Geschichten von Jae

Deutsche Romane:

Cabernet und Liebe (Liebesroman)

Vorsicht, Sternschnuppe (Liebesroman)

Auf schmalem Grat (Teil 1 der Portland-Serie; Liebesroman mit Krimi-Aspekten)

Rosen für die Staatsanwältin (Teil 2 der Portland-Serie)

Zum Anbeißen (paranormaler Liebesroman)

Novellen:

Liebe à la Hollywood (kürzerer Liebesroman)

Vollmond über Manhattan (kürzerer paranormaler Liebesroman)

Kurzgeschichten:

Der Morgen danach (kostenlose Kurzgeschichte)

Sonderfahrt an Heilig Abend (kostenlose Kurzgeschichte)

Verführung für Anfängerinnen (erotische Kurzgeschichte, gehört zu „Cabernet und Liebe“)

Coitus Interruptus Dentalis (paranormale Kurzgeschichte, gehört zu „Zum Anbeißen“)

Liebe unterm Tannenbaum (3 romantische Kurzgeschichten)

Die Mitternachtscouch (Kurzgeschichte in der Anthologie „Suche Herz mit Namen“)

Pasta Amore (romantische Kurzgeschichte) [/box]

Ein Gespräch mit Stephan Waldscheidt

„Mir macht es Spaß, mein Wissen weiterzugeben“

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Stephan Waldscheidt ist Autor zahlreicher Kurzgeschichten und Fachartikel. Im letzten Jahr erschien sein zweiter Roman „Insein für Outsider“, zudem veröffentlicht er regelmäßig Schreibratgeber und berät Autoren beim Schreiben und Publizieren.

Auf seinem Blog gibt er stetig neue Ratschläge mit anschaulichen und überraschenden Beispielen für Autoren: rund um das Leben als Autor, das Schreiben, kreativ sein und zu vielen weiteren Themen.

 

 

 

Herr Waldscheidt, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für das Interview nehmen. Sie veröffentlichen unter anderem Romane und Schreibratgeber. Was war das für ein Text, den Sie als erstes von sich veröffentlicht sehen wollten und wie ist er entstanden?

Ein Fantasy-Roman, damals noch ganz klassische High-Fantasy. Entstanden ist er, physisch, auf meiner ersten Schreibmaschine, ein komplett mechanisches Gerät und gebraucht für zwei D-Mark gekauft. Der Roman war, aus heutiger Sicht, nicht mal so viel wert.

Was war der Auslöser dafür, dass Sie Tipps an andere Autoren weitergeben wollten?

Ich habe selbst sehr viel von und aus guten Schreibratgebern gelernt. Auf vieles davon wäre ich durch die reine Lektüre von Romanen nie gekommen. In Deutschland gab und gibt es kaum (um nicht „keine“ zu schreiben) gute Ratgeber, wenn es um spezielle Themen beim Schreiben geht, sagen wir, Plotten oder Charakterentwicklung.
Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass ich beim Lesen von Romanen oder beim Anschauen von Filmen häufig die Kniffe des Autors bemerke: Wie hat er oder sie ein bestimmtes erzählerisches oder dramaturgisches Problem gelöst? Darüber habe ich dann geschrieben, das Beispiel konnte ich somit auch gleich mitliefern.
Mir hat das Schreiben dieser Tipps Spaß gemacht. Ich habe selbst vermutlich am meisten dabei gelernt. Mir macht es Spaß, mein Wissen weiterzugeben. Vor allem aber will ich bessere Romane von deutschen Autoren lesen. Ich wünsche mir eine pragmatischere Herangehensweise unserer Autoren ans Schreiben, eine Professionalisierung und schlicht: besseres Handwerk. Wenn ich dazu einen noch so kleinen Teil beitragen kann, wunderbar.
Ach ja, außerdem hatte ich natürlich gehofft, wahnsinnig viel Geld mit den Schreibratgebern zu verdienen, die dann später entstanden sind. Kurioserweise ist der Geldregen bislang ausgeblieben.

Was motiviert Sie bis heute, es weiterhin zu tun?

Es ist ein bisschen dieses Gefühl: „He, ich hab da was Tolles entdeckt, einen sagenhaften Trick, wie dieser Bestsellerautor jenen Protagonisten einführt. Das muss ich dir einfach zeigen. Pass auf …“
Natürlich freue ich mich auch über Dankes-Mails von begeisterten Lesern. Sind gar nicht mal so selten.
Ach ja, und die einfach nicht totzukriegende Hoffnung auf den Geldregen.

Wie schätzen Sie ab, dass Ihre ausgewählten Ratschläge hilfreich sein könnten?

Sie helfen mir. Ich finde sie schlüssig und nachvollziehbar. Andere Autoren kämpfen wahrscheinlich mit den gleichen Problemen, wenn sie bessere Romane schreiben wollen. Denke ich. Also erzähle ich ihnen davon.
Und ich sehe in meinen Gutachten (Exposé, Anschreiben, Leseprobe), mit welchen Problemen Autoren besonders häufig kämpfen. Die adressiere ich dann auch, aktuell in meinen Artikeln auf selfpublisherbibel.de.

In Ihren Blogbeiträgen und Schreibratgebern sind detaillierte Beispiele aus Büchern und Filmen zu finden. Verraten Sie mir etwas über Ihre Arbeitsweise. Haben Sie erst ein Thema und suchen dann bewusst nach Beispielen?

So habe ich tatsächlich die ersten Artikel geschrieben. Furchtbare Methode. Sie ist auch schuld daran, dass viele Sachartikel zu trocken sind oder die Beispiele mies oder an den Haaren herbeifabuliert.
Wer so arbeitet, sucht entweder wesentlich länger nach einem Beispiel, als das Schreiben des Artikels dauert. Oder er erfindet Beispiele. Letzteres mache ich nur dann, wenn es sich anbietet oder ich ewas sehr Spezifisches brauche.
Von konkreten Fällen auszugehen, ist auch deshalb sinnvoller, weil es die Methode, die ich beschreibe, in der Praxis zeigt: Da hat tatsächlich ein echter Bestsellerautor oder ein Filmemacher diese Methode erfolgreich angewandt.

Können Sie Bücher noch genießen, oder fängt Ihr Kopf automatisch an den Text zu analysieren?

Ja und ja.

Wie ist Ihr Schreiballtag organisiert? Arbeiten Sie parallel an verschiedenen Texten?

Er ist organisiert. Ins Detail will ich hier nicht gehen. Ich arbeite immer parallel an vielen verschiedenen Texten. Was für die meisten Autoren der Normalfall ist. Da muss ein Text für die Federwelt überarbeitet werden, dort muss noch schnell ein neuer Artikel für die Selfpublisher-Bibel her, während ich an einem Roman schreibe und noch eine Kurzgeschichte für eine Anthologie Korrektur lese. Beim Schreiben eines Romans versuche ich mich inzwischen auf immer nur einen zur Zeit zu konzentrieren. Das geht dann nicht mehr, wenn man mit seinem Agenten oder einem Lektor an einem anderen Roman arbeitet, der eine Deadline hat.

Wie halten Sie Ihre Ideen fest?

Meistens ganz klassisch auf Papier.

Gibt es Texte, die Sie nur für sich schreiben, zum Beispiel zum üben oder aus Freude an der Textform?

Für das reine Üben habe ich keine Zeit. Außerdem sollte jeder Autor irgendwann den Zeitpunkt erreicht haben, wo er vom Üben zum Machen übergeht. Ich trainiere meine Schreibmuskeln, wann immer ich schreibe. Meine liebste Textform ist der Roman, und daran arbeite ich auch meisten.
Früher habe ich mal Gedichte allein für mich geschrieben, und ab und an denke ich mal daran, die vielen hundert, die über die Jahre entstanden sind, zu publizieren. Dann aber frage ich mich: Wozu den Aufwand? Und für wen?
Ach ja, notgedrungen schreibe ich die Texte für mich, die niemand publizieren will.

Haben Sie einen Lieblingssatz, den Sie besonders mögen, von sich oder aus fremder Feder?

Die letzten Sätze von John Irvings „The Hotel New Hampshire“:
„You’ve got to get obsessed and stay obsessed. You have to keep passing the open windows.“

Was möchten Sie anderen Autoren mit auf den Weg geben?

„You’ve got to get obsessed and stay obsessed. You have to keep passing the open windows.“

Ein Gespräch mit Anna Thur

„Man hat seinen Schreibstil gefunden, wenn man sich in seinem Text zu Hause fühlt“

Ein Gespräch mit Anna Thur

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         Die Journalistin Anna Thur veröffentlicht seit über drei Jahren Erlebnisberichte und Kurzromane. In ihren Geschichtsbänden „Liebe“, „Leben“ und „AugenBlicke“ (siehe Bild) erzählt sie von Begegnungen und Erlebnissen verschiedenster Menschen und bietet dabei Einblicke in facettenreiche Charaktere. Detailreich schildert sie Alltagssituationen und lässt die Leserinnen und Leser so an aufregenden, traurigen und spannenden Momenten teilhaben.

    Auf ihrem Blog finden sich Beiträge über Ereignisse, die sie motivieren oder beeindrucken, ebenso über Bücher, Filme und kreative Menschen. Auf Twitter kann man nachlesen, was sie gerade bewegt (oder auch nervt).

 

 

 

Stell dich doch mal vor, wer bist du, was machst du? Wo findet man dich im Netz? Was gibt es auf deiner Internetseite und deinem Blog zu entdecken?

Erst einmal herzlichen Dank für die Einladung zum Interview. Deine Fragen gefallen mir sehr und Deine Arbeit auch. Dabei haben wir uns ja kennengelernt. Erst auf Twitter und dann beim Schreiben. Also: Ich bin, wie Du geschrieben hast, Journalistin, aber auch Bloggerin und Autorin, halte Twitter für coole moderne Kurzprosa und manchmal auch Rotzprosa – Und da misch ich gerne mit, genauso wie bei tumblr. Ansonsten schreibe ich neben meinem ,Brotschreiben‘ Kurzromane, habe inzwischen drei Bände davon im Selfpublishing veröffentlicht. In meinem Blog geht es um die Dinge, die mich inspirieren: Bücher, Draußen lesen, Charaktere – sei es aus Geschichten oder aus dem wahren Leben.

Seit wann schreibst du?

Puh. So genau kann ich das nicht sagen. In der Grundschule habe ich einen Preis für eine Kurzgeschichte gewonnen. Bis vor ein paar Jahren habe ich immer Tagebuch geschrieben. Damit angefangen habe ich schon sehr früh. Dann gab es noch ein Theaterstück beim Abi und ich hab die Schülerzeitung gemacht. Ich bin dann erst mal zum Journalismus und der PR. Gefühlt schreibe ich erst seit drei Jahren so RICHTIG Prosa.

Warum liebst du es, zu schreiben?

Mein Kopf ist voll mit bunten Bildern und Geschichten. Das war schon immer so und das Schreiben ist eine der wenigen Möglichkeiten, das beruflich rauszulassen.

Seit wann hast du deinen Blog und wie kam es dazu, dass du damit angefangen hast?

Meinen Blog habe ich im Frühjahr 2014 installiert, dann aber sehr unregelmäßig gepostet. Erst im Dezember 2014 habe ich so richtig angefangen zu bloggen. Am Anfang war einfach nur die Idee da, mit dieser Möglichkeit zu veröffentlichen zu spielen. Ich dachte von Anfang an auch daran, dort ein paar Sachen einzustellen, die ich nicht einfach nur so bei Facebook, Twitter oder Tumblr ‚reinhauen‘ will. Ein paar Arbeiten brauchen einfach einen anderen Rahmen. Doch bei mir hat sich kein automatisches „ich poste dann mal was“ eingestellt. Ich brauch da schon eher einen Plan, einen Rahmen, den ich mir selbst gebe. Sonst geht das im Arbeitsalltag unter. Ich wollte das aber nicht halbherzig betreiben und hab es deshalb Ende 2014 ausgebaut, einfach auch, weil es eine schöne Kommunikationsform mit Lesern, Kollegen und Freunden ist.

Warum hast du dich für das Selfpublishing entschieden?

Einer der Gründe war, dass sich die Vertragsbedingungen bei einem Verlag, für den ich sehr viel gemacht habe, so gravierend verändert haben, dass es für mich nicht mehr tragbar war. Schon als ich meinen ersten Vertrag in der Hand hatte, hatte mir ein Agent dringend davon abgeraten und gesagt: Zu diesen Konditionen geht das nicht. Aber ich hab es trotzdem gemacht, weil ich einen Anfang brauchte.

Für Selfpulishing habe ich mich auch wegen der Gestaltungsspielräume entschieden, weil ich Dinge ausprobieren kann und weil schneller etwas publiziert ist – vorher hatte ich für kleine Sachen oft einen Vorlauf von bis zu zwei Jahren. Du hast selbst Einfluss auf das Marketing, kannst etwas unternehmen, um voran zu kommen. Zum Glück kenne ich mich mit Marketing ein wenig aus.

Wie kommst du zu deinen Ideen und wie hältst du sie fest?

Die Ideen kommen eigentlich ständig: aus kleinen Alltagssituationen, Träumen, Begegnungen. Allerdings versiegen sie, wenn ich zu gestresst bin. Oder es gibt auch Phasen in denen ich mich regelrecht leergeschrieben fühle. Dann muss ich auftanken. Das geht am besten unterwegs, gerne auch in der Natur. ZACK sind sie schon wieder da, die Ideen, werden in Notizbücher gekritzelt oder zu meinen Projektheftern gepackt.

Erzähl mir von deinem Entwicklungsprozess eines Textes. Wie entsteht ein Blogeintrag?

Manche Texte basieren auf Ideen, die ich schon vor langer Zeit im Kopf hatte, lange daran recherchiert habe, oder an denen ich gefeilt habe. Andere Blogeinträge entstehen ganz spontan. Ein Mal zum Beispiel war es heftig kalt und das hat mich an die Huski-Augen auf einem Buch erinnert, dass ich sehr mag. Dann habe ich etwas über das Buch gepostet. Oder in einem Zeitungsbeitrag habe ich über den Verkauf einer Insel in Stockholms Schärengarten gelesen und den Makler kontaktiert, weil ich die Vorstellung schon immer superspannend fand, eine eigene Insel zu kaufen. Danach habe ich einen Post daraus gemacht.

Und wie entsteht eine Geschichte?

BAM! So entstehen sie meist. Manchmal sind sie einfach so da und müssen runter geschrieben werden. Manchmal ist erst nur eine Grundstimmung vorhanden, eine Grundidee, die auf einem Zettel oder in einem Notizbuch steht. Oder eine Anfangsszene ist in meinem Kopf. Und irgendwann kommt der Moment und die Geschichte muss so schnell wie möglich festgehalten werden. Das ist dann ein Festbeißen. Danach kommt das sacken lassen und im Anschluss wird gefeilt und überarbeitet. Es ist ganz wichtig, Distanz zu bekommen, deshalb muss zwischen den einzelnen Arbeitsschritten Zeit liegen. Wenigstens drei Tage.

Wer oder was inspiriert dich? Was befeuert deine Kreativität?

Menschen, Bilder, Musik, Natur, auch, wenn ich in Bewegung bin, zum Beispiel auf dem Fahrrad oder auf der Autobahn.

Was bedeutet dir der Austausch mit anderen kreativen Menschen? Und wo findest du diesen Austausch?

Finden kann man den an vielen Stellen. In meinem Freundeskreis sind zum Beispiel viele kreativ. In Communities oder zum Beispiel bei Twitter habe ich andere Kreative kennengelernt. Das ist sehr wichtig für mich und wenn ich das richtig wahrnehme, auch für mein Umfeld. Dieser Austausch bringt dich weiter. Du formulierst Ideen, schärfst sie dadurch und bekommst ein Feedback. Allerdings hat das Grenzen. Viele Dinge musst du mit dir selbst ausmachen, zum Beispiel wenn du dein Schreiben verändern willst.

Feilst du gerade an deinem Schreibstil? Hast du neue Textformen, die du ausprobierst, eine besondere Kreativmethode oder liest du gerade zum Beispiel einen bestimmten Schreibratgeber?

Ich schwöre auf das Autorenhandbuch von Sandra Uschtrin, da stehen alle Fakten von Adressen bis Vertragsinhalten drin. Ich hab von Duden ein Buch über Spannung. Und ich hab die „Poetik“ von Aristoteles – der hat vor zigtausend Jahren schon alles gesagt, was nötig war. Das war es mit mir und den Ratgebern.

Seminare, Workshops bringen mir viel mehr. Der Austausch mit anderen. Das konkrete Arbeiten am Text. Und da arbeite ich tatsächlich gerade sehr daran so zu klingen, wie eine Geschichte in meinem Kopf klingt. Die ersten Sachen habe ich geschrieben, weil ich was gelesen habe und dachte: Das kannst Du auch. Und die sind gut gelaufen. Aber jetzt, als Anna Thur, lese ich diese Texte und will, dass sie anders klingen, mehr nach mir. Dieser Prozess ist nicht einfach und geht nur mit schreiben, schreiben, schreiben plus ausprobieren, lesen und zuhören. Vor Kurzem habe ich zum Beispiel einer Freundin einen Text gegeben, der mal ganz anders war. Er war drei Seiten lang. Bei ihr hat er so viel ausgelöst, dass sie mir mit einem fünf Seiten langen Brief geantwortet hat. Was ich darin gelesen habe, hat mir gezeigt, dass der Text richtig war. An der Stelle kann ich jetzt weiter machen.

Daneben versuche ich mich an neuen Textformen.

Hast du Zeiten, in denen es mit dem Schreiben nicht recht klappt und falls ja, hast du eine Methode, dich selbst motivieren zu können?

Oh ja, ich hab immer wieder Schreibblockaden. Ich weiß aber, dass das normal ist und ich erst wieder reinkommen muss. Die einzige Methode, die mir dabei hilft ist Schreiben: anfangen, heulen, zicken, sich mistig fühlen, weiterschreiben. Ist leider so.

Woran kann man, deiner Erfahrung nach, erkennen, dass man seinen eigenen Schreibstil gefunden hat?

Wenn du dich in deinem Text zu Hause fühlst und selber weißt, dass du angekommen bist. Man merkt das selber sehr deutlich. Du liest dann deinen eigenen Text auch einfach gerne. Vorher nerven Stellen oder der Klang der Sprache einer Geschichte.

Wenn dir jemand erzählt, er würde sich gern dem Schreiben widmen und er würde sich wünschen, dass seine Texte von Vielen gelesen werden, was würdest du raten?

Wenn deine Texte von Vielen gelesen werden sollen, müssen sie sehr gut lesbar und professionell umgesetzt sein. Gleichzeitig müssen sie das gewisse Etwas haben. Das heißt, wenn dein Text noch nicht so weit ist, solltest du an ihm arbeiten und dich ebenfalls weiterentwickeln.

Freust du dich über Feedback zu deinen Texten und wie gehst du damit um?

Feedback ist eine tolle Sache. Natürlich tut das auch manchmal weh, gerade wenn man sich eingestehen muss, dass man es selbst eigentlich schon weiß und schlimmer noch, im Augenblick keine Lösung hat. Und man muss natürlich aufpassen und sich fragen, ob die Kritik immer konstruktiv ist, ob du es vielleicht trotzdem so lassen möchtest. Das ist ganz unterschiedlich und muss man von Fall zu Fall sehen.

Positives Feedback ist der Wahnsinn und wenn dir Leute ganz intime Dinge schreiben, zum Beispiel was gerade mit ihrer Ehe passiert und warum deine Geschichten ein Trost sind. Mich bewegen solche Momente sehr und da entwickeln sich mitunter sehr schöne Gespräche daraus.

Was sind deine Pläne für die kommende Zeit?

Die neuen Textformen werden mich noch eine Weile beschäftigen. Ich habe bisher ja vor allem Kurzromane und Truestories veröffentlicht, auf meinem Blog und in Social Media mit Mikrogeschichten und Mikroromanen gespielt. Das entwickle ich gerade weiter und bin gespannt, wo das hinführt. Außerdem arbeite ich am nächsten Kurzroman-Band.

Vielen Dank für das interessante Gespräch.