Alles neu zusammensetzen – Interview mit Magdalena Wiegner

Wie stellt man eine Illustratorin am besten vor? Durch ihre Werke. Geredet haben wir aber auch. Viel Spaß mit Magdalena Wiegner.

 

 

 

 

Der fliegende Stoffwahl

Stereotypen durchbrechen

Liebe Magdalena, wie kam es dazu, dass du heute als Illustratorin tätig bist?

Ich zeichne seit dem Kindergarten und habe nie aufgehört. Keine Illustratorin zu werden, wär in meim Fall wie Essen wegschmeißen. Gottseidank bin ich einfach dabei geblieben und hab nicht stattdessen “was sinnvolles” gelernt. Mein Leben ist großartig und ich feiere es mega, auch wenns in Coronazeiten ein wenig mit der Kohle hakt.

Wie bereitest du dich vor, wenn du die Aufgabe hast, ein Thema „live“, zum Beispiel während eines Workshops oder Meetings zu illustrieren?

Ich les mir kurz die Agenda durch, zeichne das Überschriftenbanner vor und das wars, der Rest is freestyle.

 

 

Du widmest dich mit deiner Kunst verschiedenen Bereichen. Wie gestaltest du deine Woche?

Jeder Tag ist anders; ich starte immer mit Sport, Atemübungen und kalt duschen. Dann schaue ich was gesellschaftlich ansteht: Orga, Steuer, Kundentelefonate, Auftragsjobs, etc. Wenn alles terminliche geregelt ist, arbeite ich an meiner Kunst; Streetart wie Sticker und Paste-updesigns, Kollaborationen mit anderen Künstlern, Digital Painting, die aus meinen Traumtagebüchern inspiriert sind, Zeichenvideos für meinen You Tube Kanal und mein Tutorialpaket, das im nächsten Jahr rauskommt. Aktuell: einrichten meines neuen Onlineshops, Kunstprodukte herstellen und verkaufbar gestalten … das ist so viel, da kann es gar keine Ordnung geben, aber ich hab alle Baustellen im Blick und jongliere sie langsam nach oben.

 

 

 

“Kitsch geht gar nicht”

 

 

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Deine Urban und Street Art Zeichnungen brechen mit Stereotypen und verschiedene Welten vermischen sich. Wie hast du diese Art zu zeichnen entwickelt?

In erster Linie durch das Abstoßungs- und Anziehungsprinzip – was mag ich, was nicht. Jeder Stil ist letztlich ein best of von allem was ich toll finde. Ich liebe zum Beispiel den schmutzigen Strich von Mr. Dean Tailor, Herakut oder Ralph Steadman, feiere das träumerische Farbkonzept sowie die Körperformen des Animes Tekkonkinkreet. Ich liebe die Dynamik und den Mut zur Hässlichkeit, den Tank Girl Comics repräsentieren und mag es Schönheitsstereotypen zu durchbrechen indem ich kleine, weit auseinanderstehende Augen, abstehende Ohren und große Nasen zeichne. Der Witz ist; meine Figuren sind trotzdem attraktiv – man muss nicht immer 15-Jährige mit Riesentitten zeichnen um eine schöne Frau darzustellen. Dieses Kindchenschema langweilt mich einfach zu Tode. Auch meine Tiercharaktere, die Orbles, sind immer etwas unförmig, dicklich, fashionqueer und weird – das ist mir wichtig. Sie müssen alle immer gerade an der Grenze zwischen zauberhaft und unheimlich sein, dann sind sie gut. Kitsch geht gar nicht, davon gibt es leider schon viel zu viel … und ich leide ganz arg darunter.

 

Woher nimmst du die Ideen für deine Bilder?

Aus meinen Traumtagebüchern hauptsächlich. Ich sammle meine Träume und habe nun langsam begonnen, diese in Bilder umzusetzen. Das war ein langer Weg dorthin, aber nun bin ich mit meinem Stil endlich soweit zufrieden, dass ich professionell damit arbeiten kann.

Wie tankst du auf? Brauchst du manchmal Pausen von deiner Kunst, oder ist sie stets in deinem Alltag verwoben?

Mein Kopf rattert immer, das ist nicht abstellbar. Den künstlerischen Teil möchte ich auch nicht abstellen – den gesellschaftlichen schon. Den krieg ich mit viel Sport, Festivals, Camping, Lesen und Freestyle-Jamsessions beruhigt. Das ist auch wahnsinnig wichtig.

 

 

 

Warrior

Homepage und Shop
www.magdalenawiegner.com

Digital art: https://www.instagram.com/magdalenawiegner/

Urban Art: https://www.instagram.com/orble_vizuals/

Business Illustrations: https://www.instagram.com/sauschnell_illus/

You Tube: https://www.youtube.com/channel/UCPm-kV7wVjlKS0IJV3bzchQ

Bildrechte: Alle Bildrechte liegen bei Magdalena Wiegner.

Über Handgeschriebenes und die Kraft schöner Erinnerungen

Interview mit Jennifer Düing

Jennifer Düing lädt durch ihre Worte zum Innehalten ein. Auf Twitter hält sie Alltagsmomente mit oft kurzen Beschreibungen fest, die sie in ihre eigene poetische und sanfte Gedankenwelt verwebt. Als Postkartenautorin verschickt sie Gedichte und Kürzestgeschichten, damit es in den Briefkästen wieder bunter wird.

Ich freue mich sehr, dass du mir ein wenig über dich verraten magst. Du hast vor knapp zwei Jahren deine Idee in die Tat umgesetzt und wurdest Postkartenautorin. Wie kam es dazu?

Schon lange hegte ich den Wunsch Postkartenautorin zu sein. Ich wusste nicht wie das aussehen würde. Bis ich im schlimmen Liebeskummer einfach meine alten Gedichte hervor kramte und anfing neue zu schreiben. So war der große Kummer auch großes Glück.

Wann kommen dir die Ideen für deine Gedichte und Geschichten?

Die Gedichte und Kürzestgeschichten schreibe ich in Cafés, in der Sauna, im Zug. Immer unterwegs. Manchmal trage ich die Idee für einen Text einige Tage oder gar Wochen mit mir rum, bis ich ihn einfach runter schreibe in wenigen Minuten. Das sind mir die liebsten.

Was waren bisher deine schönsten Momente als Postkartenautorin?

Die schönsten Momente sind die, wenn die Postkarten schöne Erinnerungen wecken. Einmal erzählte mir jemand, nachdem sie ein Gedicht gelesen hatte, wie sie im blauen See baden war, schwerelos fühlte sie sich. Das war einzigartig für sie. Dabei leuchteten ihre Augen.

Was bedeuten dir Postkarten und Briefe?

Sie sind für mich eine Form der Kommunikation, die mehr nach innen geht. Durch die Hand geschrieben empfinde ich sie als persönlicher. Meine beste Freundin und ich wohnen mittlerweile am jeweils anderen Ende von Deutschland. Leider schaffen wir es kaum uns zu schreiben. Daher schreiben wir uns Briefe über die Themen, die wir diskutieren wollen. Unser letztes Thema war Glück und Glücklichsein. Ich freue mich immer, wenn ich wieder einen Brief von ihr in der Post finde. Und genauso geht es mir mit Postkarten.

Erzählt die Handschrift eines Menschen etwas über ihn?

Vor einiger Zeit schrieb ich auf Twitter: Unsere Handschrift verrät etwas über uns. Nur was, das ist die Frage. Eine poetische.  Wenn ich einen handschriftlichen Text sehe, stelle ich mir gleich die Person dazu vor. Das muss nicht konkret sein. Dennoch lässt es zwischen SchreiberIn und LeserIn eine Nähe entstehen und gibt einen kleinen Einblick in die Welt. Wenn auch nur gefühlt. 

Etwas Neues zu wagen braucht Mut und Kraft, manches hat einen langen Vorlauf. Wie empfindest du diesen Weg zu einem bestimmten Ziel?

Ich habe gelernt, dass es wichtig ist anzufangen. Es muss nicht perfekt sein, alles kann sich entwickeln. Viel wichtiger ist es, sich ans Herz zu fassen und einfach zu machen. Wenn man nicht anfängt, verlieren sich vielleicht sogar die Ziele und Wünsche. Und darum wäre es doch sehr schade.

Jennifer findest du auf Facebook: https://www.facebook.com/nachtblau/photos und Instagram: https://www.instagram.com/postkartenautorin/ sowie auf Twitter als @nachtblau und @goldmomente.

Bildrechte: Jennifer Düing

Ein Gespräch mit Ulrike Dietmann

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       “Trau dich was!”

 

 

 

 

 

Ulrike Dietmann veröffentlicht Ratgeber und Geschichten, die Leserinnen und Leser dazu bringen, sich auf eine Reise zu begeben, hin zu sich selbst. Nach dem Studium der Philosophie, Theaterwissenschaften, Publizistik und dem Szenischen Schreiben arbeitete die Bad Mergentheimerin als Freie Autorin, schrieb Hörspielgeschichten, Heftromane, Drehbücher und für das Theater. Schon bald half sie anderen Autorinnen und Autoren als Schreibdozentin und -coach und gründete 2008 die „Pegasus-Schreibschule“. Um jedem einen besonderen Weg zu ebnen, einen Pfad zu seiner Authentizität und seinen Gefühlen zu finden, widmet sich Dietmann der pferdegestützten Persönlichkeitsentwicklung. Im Rahmen ihres Unternehmens „Spirit Horse“ bietet sie Workshops an; im Jahr 2009 gründete sie zudem den Verlag „Spiritbooks“. Im Netz findet man Informationen über sie auf ihrer Homepage oder bei Facebook.

Liebe Ulrike, deinem Ratgeber „Heldenreise ins Herz des Autors – Das Handwerk der Inspiration“ hast du folgendes Zitat von Rumi aus dem 13. Jahrhundert vorangestellt:

Klammere dich ans Verrücktsein

Konventionelle Meinungen sind der Ruin unserer Seele,

etwas Geliehenes, das wir mit Eigenem verwechseln.

Da ist es besser, nichts zu wissen;

klammere dich lieber ans Verrücktsein.

Lass die Sicherheit fahren

und sei zu Hause unter den Gefahren.

Lass den guten Namen hinter dir

und nimm die üble Nachrede hin.

Ich habe lange mit vorsichtigen Gedanken gelebt;

jetzt werde ich verrückt werden.

… was bedeuten dir diese Zeilen?

Sie drücken im Wesentlichen das aus, was ich vermitteln möchte. Ich denke, dass viele Menschen mehr wagen und sich trauen sollten, freier zu denken. In jedem von uns steckt ganz viel Potenzial, mehr als man ahnt. Das würde hervorgebracht, wenn man die gewohnten und vorgeschriebenen Pfade verließe und sich traute wilder und verrückter zu sein.

Spiegelt sich diese Zurückhaltung auch bei den deutschen Autorinnen und Autoren wider?

Ja, leider. Ich erlebe das vor allem bei meinen Reisen durch viele verschiedene Länder, denn ich entdecke dort Texte und Geschichten, die nicht nach einem bestimmten Schema geschrieben wurden. Die deutschen Schriftstellerinnen und Schriftsteller sind da eher zurückhaltend. Ich könnte mir vorstellen, dass unsere Literatur davon aufleben könnte und vor allem in anderen Ländern wieder mehr auffallen würde.

Dann würde man als Autor jedoch auch die Angst besiegen müssen, nicht markttauglich zu sein.

Das wichtigste ist, dass die Leser berührt werden. Die Kraft einer Geschichte, eines Textes entwickelt sich nur dann, wenn die Autorin oder der Autor beim Schreiben authentisch war. Wenn er oder sie sich ganz und gar mit dem Thema identifiziert und beschäftigt und mit Leidenschaft und Liebe alles dafür tut, die Worte und seine Botschaft für andere auf das Papier zu bringen, dann wird der Text einen Weg zu seinem Leser finden.

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Warum hast du vor acht Jahren die Pegasus Schreibschule gegründet?

 

 

Ich wollte einen schönen Ort schaffen, an dem kreatives Potenzial frei fließen kann. Ich halte nicht so viel von den klassischen Lernzimmern, bei mir gibt es bequeme Sofas und bunte Stühle und wir gehen zwischendurch raus in die Natur. Durch die Coachings und Workshops möchte ich jedem etwas mitgeben, das er für sich nutzen kann. Ich kann mir in dieser Zeit den einzelnen Menschen anschauen und individuell auf ihn eingehen. Wir sind bei den Workshops meist neun Leute, jeder bringt seine persönlichen, speziellen Ideen mit, die wir vor allem nach dem Modell der Heldenreise ausbauen. Jeder hat eine ganz eigene Stimme und Botschaft und mir ist es wichtig, diese auszugraben. Ich denke, es ist für jeden gut, einen Lehrer zu haben, das erleben wir in vielen Bereichen unseres Lebens. Manchmal kann nur jemand Außenstehendes die Probleme erkennen und benennen oder das Potenzial bestimmter Ideen greifbar machen und dadurch die Entwicklung beschleunigen.

Könntest du das Modell der Heldenreise erläutern?

Die Heldenreise ist ein geniales Modell des Geschichtenerzählens. Damit kann jeder Autor in recht kurzer Zeit lernen, Geschichten zu erzählen, die garantiert spannend sind. Die Heldenreise führt die Hauptfigur durch eine Entwicklung, in der sie eine wahre Veränderung erfährt. Das ist der Kern aller echten Geschichten. Die Heldenreise wird auch in der Persönlichkeitsentwicklung verwendet und ist das effektivste und nachhaltigste Modell für Veränderung, das ich kenne. Sie hört nie auf, mich zu faszinieren. Die Heldenreise beschreibt die Grundstruktur von Geschichten, wie sie zu allen Zeiten in allen Kulturen erzählt wurden. Sie ist deshalb so erfolgreich, weil sie die einzelnen Stadien beschreibt, die die menschliche Psyche durchläuft, wenn sie sich verändert.

Seit 2008 bietest du im Rahmen deines Unternehmens Spirit Horse die spirituelle Persönlichkeitsentwicklung mit Pferden an. Im Umgang mit den Tieren kommt das eigene Innere zum Vorschein. Warum ist das so?

Tiere reagieren auf das Authentische in einem Menschen. Die Pferde nehmen nur Kontakt auf, wenn du ganz und gar du selbst bist, sie zeigen dir den Unterschied zwischen wahrem Sein und falschen Selbst, denn du kannst ihnen nichts vormachen. Pferde erkennen das Lebendige in dir und antworten darauf. Die Begegnungen mit den Pferden laufen für jeden unterschiedlich ab, es sind ganz persönliche Erfahrungen, die dich auf die unterschiedlichsten Weisen stärken.

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Viele deiner Erkenntnisse gibst du auch in Ratgebern wieder. Deine Bücher erscheinen mittlerweile in deinem eigenen Verlag Spiritbooks, das Kernteam besteht aus vier Leuten sowie zwanzig Autorinnen und Autoren. Was hat dich motiviert, es mit einem eigenen Verlag zu versuchen?

 

 

Als ich mich mit den Möglichkeiten beschäftigte, was dieses selbstbestimmte Arbeiten bedeutet, habe ich eine große Befreiung und Freude erlebt. Für alles rund um ein Buch verantwortlich zu sein, für den Inhalt, den Titel und das Cover und für die Autorinnen und Autoren da sein zu können, bringt besondere Erfahrungen und viele schöne Momente mit sich. Und manchmal erreichen mich Texte, die für andere Verlage nicht lukrativ genug wären. Ich freue mich, dass ich diesen Schriftstellern eine Plattform geben kann.

Werfen wir einen Blick hinter die Kulissen, wie entsteht bei euch ein Cover?

Ganz oft haben die Autorinnen und Autoren schon eine eigene Vorstellung davon, diese ergänzen sie dann mit eigenen Fotos; manche kennen auch Malerinnen oder Maler und sie finden Bilder, die zu ihren Texten passen. Wir schauen gemeinsam, welches Bild die emotionale Botschaft am besten rüberbringen kann. Die Entwicklung von Covern ist spannend, denn dabei passieren manchmal unvorhersehbare Dinge. Die Cover fliegen einem regelrecht zu. Wir hatten das Cover für mein Buch „Das Medizinpferd“ schon festgelegt. Kurz darauf klingelte es an meiner Haustür und die Malerin Daniela Roßner fragte mich, ob sie mir ihre Mappe zeigen könnte und mein Cover lag plötzlich vor mir.

Du schreibst jedes Jahr ungefähr zwei Ratgeber, gibst um die fünfzehn Workshops und einzelne Coachings und bildest Trainer in der Heldenreise mit Pferden aus. Wie geht deine Reise weiter?

Im Augenblick entsteht mein erster Online-Lernkurs und ich bin dabei, Filme für YouTube zu machen. Ich bin fasziniert von den vielen Möglichkeiten, die die Entwicklung der Technologie bietet. Da ich ein Mensch mit einer Mission bin, sucht etwas in mir immer nach neuen Wegen, Menschen zu erreichen. Das ist meine Natur: andere zu berühren, Menschen zu begegnen und mit ihnen zu wachsen. Das macht mich glücklich.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

 

Bildrechte: Ulrike Dietmann

 

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Veröffentlichungen (eine Auswahl)

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Lieben und Frei sein (2016)

 Reise in die innere Wildnis – Urkraft für den Alltag (2015)

Epona – Die Pferdegöttin (2013)

Heldenreise ins Herz des Autors – Das Handwerk der Inspiration (2012)

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Mehr bei: “Spiritbooks”

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Ein Gespräch mit Franziska Kirchhoff

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“Das Lektorat hat mich sehr gefordert. Durch die Flut an Feedback, habe ich mich zunächst völlig weggespült gefühlt.”

 

 

 

 

Franziska Kirchhoff hat im Frühjahr diesen Jahres ihren Debüt-Roman „Neustart Berlin“ im Ylva Verlag veröffentlicht. In der gefühlvollen und abwechslungsreichen Geschichte geht es um die Turbulenzen eines Neuanfangs, die Unsicherheit beim Kennenlernen eines neuen Menschen und das Entdecken intensiver Gefühle.

In ihrer Freizeit ist die Wahlberlinerin oft mit ihrem Hund Rudi in der Natur unterwegs und erkundet bei langen Spaziergängen vor allem abgelegene Orte. Zudem geht sie gerne joggen, besucht ihre Familie oder trifft sich mit Freunden, zum Beispiel zum gemeinsamen Karaoke-Singen. Ideen für ein neues Schreib-Projekt gibt es bereits, an dem sie vor allem in den frühen Morgenstunden arbeitet.

 

Vielen Dank, dass du dir Zeit für das Interview nimmst. Erzähl doch mal ein wenig über dich, wer bist du, was machst du, wo findet man dich im Netz?

Da startest du zielsicher mit der schwierigsten Frage! Wer bin ich – und wenn ja wie viele?

Ich bin Franziska, die magische 30 habe ich bereits hinter mir gelassen. Wenn ich nicht Unternehmen in Marketing-Angelegenheiten berate, bin ich mit meiner Frau und unserem Hund Rudi zusammen. Seit 2011 leben wir in Berlin. Ich mag die Anonymität der Großstadt, die hat mir in dem kleinen Ort in Brandenburg, wo ich aufgewachsen bin, gefehlt. Was mich immer noch mit diesem Ort verbindet, ist meine Familie – die steht für mich über allem – und die Natur. Ich mag Aktivität, bin aber wenig spontan. Ich treib gern Sport, passe mich aber ungern dem Tempo anderer an. Ich bin sehr kritisch, aber keine Angst – am meisten mit mir selbst. Im Netz findet man mich bevorzugt auf Facebook. Ich freue mich über jeden Like für meine Autorenseite und weiß ehrliches Feedback wirklich sehr zu schätzen!

Wie lange schreibst du schon?

Angefangen hat das in der ersten Klasse, mit dem ABC. Mein Schriftbild ist in etwa auf diesem Stand geblieben. Ich hatte schon immer eine recht blühende Phantasie. In der Grundschule habe ich begonnen, meine erste Geschichte aufzuschreiben. Ich bin mir nicht sicher, ob ich bis zum Ende durchgehalten habe. Falls ja, gab es sicherlich ein Happy End – und vermutlich auch ein Einhorn. Dann hatte ich eine Durststrecke, die von der schlimmen Phase der Pubertät unterbrochen wurde. In dieser Zeit habe ich mich an Gedichten versucht. Es ging um Weltschmerz, verschmähte Liebe und glücklicherweise auch irgendwann um das Geschenk der Gefühlserwiderung. Dann kam wieder eine Weile nichts – das Gefühl musste ja schließlich ausgekostet werden. Während des Studiums kehrte irgendwann meine Lust am Schreiben zurück. Nach ein paar eher privat motivierten Kurzgeschichten entstand schließlich „Neustart Berlin“ bzw. „Einfach ein Gefühl“ – so lautete der ursprüngliche Arbeitstitel.

Wodurch hast du deine Leidenschaft für das Schreiben entdeckt?

Am Anfang war das Schreiben ein Ventil für mich. Ich habe Tagebuch geführt, dadurch Erlebnisse besser reflektiert und erkannt, dass es mir gut tut, mich auf diese Weise mit mir selbst auseinanderzusetzen. Mir fiel es schon immer sehr viel leichter Gefühle schriftlich auszudrücken. Inzwischen ist das Schreiben für mich zu einer Art Auszeit geworden. Ich tauche dann in eine ganz andere Welt ein. Plötzlich geht es nicht mehr um mich, meine Probleme oder Erlebnisse. Mich gedanklich und emotional komplett auf diese Phantasie einzulassen, gibt mir neue Energie, macht mich ganz munter und beflügelt so wiederum meine reale Welt.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem Ylva Verlag?

Ich würde sagen, es war Glück in letzter Minute. Ich hatte Kontakt zu mehreren Verlagen, die unterschiedliche Bedingungen an eine Zusammenarbeit stellten. Teilweise konnte oder wollte ich dem nicht gerecht werden. Ich stand kurz davor, mein Manuskript im Self-Publishing herauszubringen. Dann kam die Zusage vom Ylva Verlag und hier stimmte glücklicherweise alles: mein Gefühl und die Vertragsbedingungen.

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Was hast du beim Lektorat über deinen Schreibstil gelernt? Kam neuer Input hinzu bzw. Vorschläge, die du beim nächsten Projekt intensiv umsetzen wirst?

Das Lektorat hat mich sehr gefordert – als Autorin, aber auch als Mensch. Da kam auf einmal so eine Flut an Feedback, dass ich mich zunächst völlig weggespült gefühlt habe. Ich musste erst lernen, dass ich mein Buchstaben-Baby nicht beschützen muss. Nachdem ich Denise, meine Lektorin, kennengelernt habe, wurde alles viel leichter. Wir haben Szenen gekürzt, umgestellt und einige neue Übergänge geschaffen. Ich neige dazu, Szenen zu schnell auszublenden, meine Kopfkamera springt einen Tick zu voreilig ins nächste Bild. Diese Erkenntnis ist eine von vielen, die ich in zukünftigen Projekten beherzigen werde.

Wie integrierst du das Schreiben in deinen Alltag?

In der Regel klingelt mein Wecker um 5 Uhr. Da ich kein Snoozer bin, springe ich dann auch sofort aus dem Bett – in regen Schreibphasen sogar höchst motiviert. Um in einer Arbeitswoche auch privat kreativ und produktiv zu sein, nutze ich die Morgenstunden. Ich brauche Ruhe und muss geistig noch ganz unverbraucht sein. Nach der Arbeit bin ich nicht mehr in der Lage auch nur einen geraden Satz zu denken. Am Wochenende fällt es mir verrückter Weise schwerer mir diesen Freiraum zu schaffen oder die Selbstdisziplin aufzubringen, um mich mehrere Stunden vor den Rechner zu klemmen.

Wie viel Zeit investierst du pro Woche ins Schreiben?

Das ist ganz unterschiedlich. Es gab Zeiten, da schrieb ich jeden Morgen ein bis zwei Stunden. Momentan befinde ich mich allerdings in einer schreibfreien Phase. Das ist aber nicht untypisch für mich, da sich mein Fokus immer mal wieder verschiebt. Ich habe das nächste Projekt schon fest im Blick, mir fehlt nur noch der letzte Motivationsschub.

Wie entsteht bei dir eine Geschichte, von der ersten Idee bis zum fertigen Text?

Hm. Ich wünschte, ich wüsste das so genau. Häufig komme ich gar nicht weiter als bis zur ersten Idee. Die ist dann aber auch wirklich der Anfang der Geschichte, wäre also quasi das erste geschriebene Kapitel. Gedanklich stehen die Ausgangssituation und zumindest die Charakterzüge des Hauptprotagonisten fest, bevor ich Entwicklungsszenarien durchspiele. Ich grübele oft schon sehr detailliert über Szenen oder Dialoge nach – lange bevor ich das erste Wort geschrieben habe. Wenn ich dann endlich zu schreiben beginne, entwickelt sich eine ganz eigene Dynamik, die ich gar nicht wirklich kontrollieren kann. Häufig wird alles, was ich in meinen Gedankenexperimenten schon beschlossen hatte, komplett über den Haufen geworfen und neu kreiert. Die nächste Session beginnt immer damit, dass ich das zuletzt geschriebene lese und überarbeite. Danach bin ich wieder ganz in dem Gefühl drin und kann weiterschreiben. Leider muss ich zugeben, dass es für mich keinen wirklich finalen Text gibt. Würde man mir „Neustart Berlin“ zum Editieren reichen, würde ich mit Sicherheit Änderungen und vermeintliche Verbesserungen vornehmen.

Wodurch formst du dein Schreiben? Liest du zum Beispiel Schreibratgeber, oder bist du in bestimmten Foren unterwegs?

Am Anfang habe ich mich durch ein paar Foren und Blogs gelesen. Aber ich bin kein rationaler Theoretiker. Ich muss selbst erleben, was bewusst eingesetzte Schreibtaktiken mit mir als Leser machen. Daher hat sich meine Art des Lesens verändert. Ich achte mehr auf Erzählperspektiven, Figurenentwicklung und das Verhältnis zwischen beschreibenden Passagen und Dialogen. Trotzdem fällt es mir schwer, mich in meinem Schreib-Flow zu bremsen, das Bauchgefühl kurz auszuschalten und stattdessen den eigenen Text analytisch zu bewerten. Glücklicherweise habe ich einen besten Freund, der meine Texte leidenschaftlich gern auseinanderpflückt.

Möchtest du deinen Leserinnen und Lesern noch etwas mitteilen?

Ich liebe es, wenn mich eine Geschichte richtig packt und ich in Lesepausen oder nach dem Auslesen noch ein wenig die Emotion der Story in mir trage oder sich meine Gedanken verselbstständigen und weiter um die Handlung kreisen. Daher wünsche ich den Leserinnen und Lesern ganz viele solcher tollen, einnehmenden Lesemomente und würde mich freuen, mit meinem Schreiben etwas dazu beitragen zu können. Übrigens bin ich sehr neugierig auf die „Neustart Berlin“ Leseerfahrungen – also gern her damit!

Bildrechte: Franziska Kirchhoff

 

Ein Gespräch mit Anne Bax

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   “Ich schätze die wunderbare Energie,

die gemeinsames Lachen erzeugt”  

 

 

 

 

Von der Schriftstellerin Anne Bax wurde 2003 die erste Kurzgeschichtensammlung mit dem Titel „Wirklich ungeheuer praktisch“ veröffentlicht. Seitdem kamen zwei Romane, zwei Kurzgeschichtensammlungen und ein Kochbuch, in Zusammenarbeit mit Cornelia Böhm, hinzu.
Anne Bax bringt Menschen gerne zum Lachen und das gelingt ihr mit facettenreichen Texten, besonderen Metaphern und detailreichen Szenen. Ihre Geschichten und Gedichte handeln vom Suchen, Finden und Erleben der Liebe, von den besonderen und komischen Begegnungen zwischen zwei Menschen und immer wieder von vielfältigen alltäglichen Momenten. Einige der Texte präsentiert Anne Bax zusammen mit der Musikerin und Sängerin Anika Auweiler in dem Programm „Spaß beiSaite“. Im Netz findet man sie unter anderem auf Facebook und hier: http://baxbaxbax.de.

Liebe Frau Bax, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für das Interview nehmen. Erzählen Sie mir ein wenig über sich: wer sind Sie und was machen Sie?

Ich bin Anne Bax und alt genug um bei vollem Bewusstsein erlebt zu haben wie Abba 1974 den Eurovision Song Contest gewonnen hat. Ich bin nicht ganz sicher was es über mich sagt, dass ich mich ausgerechnet daran so gut erinnere.
Ich habe Kommunikationswissenschaft/Geschichte/Psychologie studiert und in irgendeinem Ordner hinter meinem Schreibtisch liegt ein Zettel auf dem man nachlesen könnte, dass ich all das mit einem Magistertitel abgeschlossen habe. Wenn ich keine Bücher schreibe, entwerfe ich wahnsinnig tolle Werbetexte für eine PR-Agentur.

Wie fing das an, mit Ihnen und der Leidenschaft für das Schreiben?

Ich empfinde für das Schreiben nur selten Leidenschaft, das Schreiben und ich haben eine eher schwierige Beziehung und bräuchten eigentlich eine gute Paartherapeutin. Ich liebe fertige Bücher, ich liebe es Menschen zum Lachen zu bringen, ich hasse es dafür stundenlang allein am Schreibtisch sitzen zu müssen.

Wann wurde Ihnen klar, dass Sie Ihre Geschichten gerne veröffentlicht sehen würden und wie ging es dann weiter?

So richtig weiß ich das gar nicht mehr. Ich glaube, ich hatte eine Geschichte geschrieben, die mir so gelungen erschien dass ich das gewagt habe und es hat im ersten Anlauf funktioniert.

Haben Sie sich viel selbst über das Schreiben beigebracht oder beibringen lassen? Gibt es zum Beispiel Schreibratgeber, die Ihnen wichtig sind oder Menschen, von denen Sie Besonderes gelernt haben?

Ich halte nichts von Schreibratgebern und lerne eher indem ich amerikanischen/englischen Comedians zuhöre oder ihre Werke lese. Ich versuche zu verstehen wie Tina Fey, Kathy Griffin, Amy Poehler, Steven Colbert, Jon Stewart, Kate Clinton, Craig Ferguson oder Nina Conti ihr Publikum zum Lachen bringen.

Wie wichtig ist es Ihnen, mit anderen zusammen zu lachen?

Ungeheuer wichtig. Es gibt diese grandiosen Momente, gerade bei „Spaß beiSaite“, wo wir beide auf der Bühne und das Publikum uns gegenseitig zum Lachen bringen … das ist großartig.

Wie schafft man es Texte zu schreiben, mit denen man viele zum Lachen bringen kann?

Ich vermute, dass das ein Talent ist, das man einfach hat. Das man dann aber sicher schärfen kann, indem man den Meistern und Meisterinnen dieser Zunft zuhört.

Woher nehmen Sie Ihre Ideen für die Figuren? Wie viel Zeit stecken Sie in deren Entwicklung, bevor Sie anfangen zu schreiben?

Ideen liegen überall im Alltag herum und springen mich auch überall an. Ich erdenke einen längeren Text erst eine ganze Weile bevor ich ihn aufschreibe. Kurze Texte entstehen manchmal aus einem einzigen Augenblick heraus.

Ende letzten Jahres ist Ihre neue Kurzgeschichtensammlung „Love me Tinder“ erschienen. Darin präsentieren Sie amüsante, erotische und ernstere Texte. Wie entsteht so eine Zusammenstellung? Nehmen Sie sich zum Beispiel konkret verschiedene Thematiken vor und entwickeln dazu die Texte?

Im Falle von „Love me Tinder“ sind die Texte zum großen Teil für „Spaß beiSaite“ entstanden und Teil unseres Programms. Ich nehme mir sonst selten konkret ein Thema vor, sondern warte auf eine Idee, die mich amüsiert.

Woran arbeiten Sie gerade?

Ich arbeite an den Texten für das neue „Spaß beiSaite“ Programm und an einem neuen Roman.

Seit wann gibt es das Programm „Spaß beiSaite“? Mit wem treten Sie dort gemeinsam auf und wie kam es zu der Zusammenarbeit?

„Spaß beiSaite“ gibt es seit ungefähr vier Jahren und besteht aus mir und der genialen Anika Auweiler, die Musikerin, Sängerin und Multitalent ist. Eine gemeinsame Bekannte hatte uns einander vorgestellt, weil sie glaubte, dass unsere Talente gut zusammen passen würden. Das stimmte so sehr, dass wir seitdem in vielen deutschen Städten vor begeistertem Publikum aufgetreten sind. Auch in diesem Jahr werden wir wieder eine kleine Tour durch die Republik machen.

Wie viele Auftritte gibt es von Ihnen im Jahr? Wie bereiten Sie diese mit Anika Auweiler vor?

„Spaß beiSaite“ macht ungefähr 10 Auftritte im Jahr, dazu kommen bei mir noch einige Lesungen und bei Anika Solo-Konzerte. Da wir in ständigem, digitalen Austausch sind, entsteht das Programm fast nebenbei bei unseren Telefonaten und in unseren Nachrichten. Wir leben 500 km voneinander entfernt und treffen uns ab und zu für ein paar arbeitsreiche Wochenenden.

Was schätzen Sie an den Auftritten vor Publikum?

Die wunderbare Energie, die gemeinsames Lachen erzeugt.

Wie organisieren Sie Ihren Arbeitsalltag? Haben Sie zum Beispiel feste Zeiten, in denen Sie schreiben?

Ich wünschte ich hätte das. Ich muss mich leider immer wieder zur Disziplin zwingen, entkomme mir dann selber immer wieder und fange mich auch selber wieder ein. Es ist ein ewiger Kampf, gute Anne gegen böse Anne, fleißige Anne gegen faule Anne und es ist nie sicher wer an einem bestimmten Tag gewinnt.

Verraten Sie mir Ihre Lieblingsorte an denen Sie sich Kraft und Inspiration holen?

Ach, ich wünschte ich könnte jetzt von diesem einsamen kleinen See im Wald schreiben, der mich mit seiner verwunschenen Kraft zum Verweilen und Schreiben einlädt, aber der ist es leider nicht. Meine Inspirationsquelle ist Walt Disney World in Florida und ich verbringe dort jedes Jahr eine ungesund lange Zeitspanne um mich zu erfreuen.

 

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Die komplette Übersicht gibt es auch auf der Amazon-Autorenwebsite von Anne Bax. [/box]

Bildrechte: Anne Bax

Zehn Fragen an Jae

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„Wenn mich die Charaktere nicht mehr loslassen, entwickle ich Buch-Serien”

 

 

 

 

 

 

 

Jae schreibt Liebesgeschichten, Krimis und Übersinnliches. Ihr erstes Buch wurde 2007 veröffentlicht, seitdem kamen zehn englische und fünf deutsche Romane hinzu. Ihre Geschichten regen zum Träumen an, machen nachdenklich und sind zugleich immer mit einer kräftigen Prise Humor verfeinert. Die Figuren müssen für ihr Glück kämpfen, sich in schwierigen Alltagssituationen behaupten und für die Liebe einige Risiken eingehen.
Vor zwei Jahren hat Jae ihren Beruf als Psychologin aufgegeben, um als Vollzeit-Schriftstellerin und Lektorin zu arbeiten. Ihre deutsche Webseite findet man unter jae-fiction.de und die englische unter jae-fiction.com.
Auf der Webseite sandragerth.com gibt sie ihre Erfahrungen an Autorinnen und Autoren weiter, dort veröffentlicht sie unter ihrem eigentlichen Namen zahlreiche Tipps, zum Beispiel über den Schreibprozess, die Arbeit am Text und das Zeitmanagement. In diesem Jahr erscheint ihr zweiter Schreibratgeber. Auf Twitter findet man sie unter @JaeFiction.

Jae, vielen Dank, dass du dir Zeit für das Interview nimmst. Erzähl doch mal ein wenig über dich, wer bist du und was machst du?

Herzlich gerne und danke für das Interview!
Also, was gibt es über mich zu erzählen? Ich bin Vollzeit-Schriftstellerin und Lektorin für den Ylva Verlag, einen kleinen aber rasch wachsenden Verlag, der sich auf englisch- und deutschsprachige Literatur für Lesben spezialisiert hat.
Ich wohne im schönen Freiburg, an der Grenze zur Schweiz und zu Frankreich.
Ich schreibe vor allem Liebesromane, einige davon auch mit paranormalen, historischen oder Krimi-Aspekten. Seit fast zehn Jahren schreibe ich alle meine Romane auf Englisch. Letztes Jahr habe ich dann beschlossen, meine Bücher auch für deutsche Leserinnen und Leser zugänglich zu machen und übersetze seitdem meine Werke in meine Muttersprache.

Wann hast du dein erstes Buch veröffentlicht, wovon handelt es und wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem Ylva Verlag?

Mein erstes Buch habe ich Ende 2007 bei einem amerikanischen Verlag, L-Book, veröffentlicht. Das war Backwards to Oregon, ein historischer Liebesroman, der im Jahr 1851 spielt.
2011 hat dann eine Freundin von mir, Astrid Ohletz, den Ylva Verlag gegründet und mir gefiel ihre Philosophie, die oberste Priorität auf Qualität und einen partnerschaftlichen Umgang mit den Autorinnen legt. Außerdem handelt es sich um einen internationalen Verlag mit Veröffentlichungen in englischer und deutscher Sprache, was mir Gelegenheit bot, meine Bücher in beiden Sprachen zu veröffentlichen. Also habe ich dann 2012 den Verlag gewechselt und veröffentliche seitdem glücklich und zufrieden beim Ylva Verlag bzw. Ylva Publishing.

Wenn du dich an deine ersten ausführlichen Schreibversuche für eine Geschichte zurück erinnerst, was fiel dir besonders schwer und wie hast du dich dem gestellt?

Oje, das ist lange her. Damals war ich 11 Jahre alt und habe einfach drauflos geschrieben, ohne irgendwelche Regeln zu kennen oder zu beachten. Wirklich ernst wurde es mir mit dem Schreiben erst, als ich angefangen habe, meine Geschichten mit Lesern und Leserinnen außerhalb meines Freundeskreises zu teilen, sie also im Internet zu posten.
Ich weiß noch, dass ich damals Probleme hatte zu entscheiden, wie Absätze gesetzt werden und auch mit der goldenen Schreibregel „show, don’t tell“ so meine Schwierigkeiten hatte. Aber zum Glück habe ich schnell Betaleser gefunden, die zum Teil erfahrene Autorinnen waren und mir weiterhelfen konnten.
Ansonsten hat es mich Überwindung gekostet, mich zu trauen, auf Englisch zu schreiben und dann auch zu veröffentlichen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, nicht mit den Muttersprachlern mithalten zu können. Aber nach dem Motto „Augen zu und durch“ habe ich mich dem einfach gestellt. Auch dabei haben mir Betaleser sehr geholfen. Durch ihr Feedback konnte ich dazulernen und sprachliche – aber auch kulturelle – Fallstricke umgehen.

Du hast dich 2013 entschieden, deinen Job als Psychologin aufzugeben und Vollzeitschriftstellerin und Teilzeitlektorin zu werden. Erzähl mir etwas über die Zeit danach, wie hast du dich neu strukturiert? Wie kann ich mir deinen Wochenablauf vorstellen?

Anfangs war das gar nicht so einfach wie gedacht. Als Vollzeitautorin, die vom Schreiben lebt, kann man ja nicht einfach warten, bis einen die Muse küsst. Das Schreiben ist ein Job und kann nicht einfach dem Zufall überlassen werden.
Ich war es gewöhnt, abends zu schreiben, habe aber schnell gemerkt, dass ich morgens produktiver bin. Deshalb widme ich meine produktivsten Stunden dem Schreiben, ohne mich erst mit dem Beantworten von E-Mails oder Ähnlichem aufzuhalten. Das Internet kann da sowohl Segen als auch Fluch sein, deshalb versuche ich, erst nach dem Mittagessen online zu gehen.
Ich habe mir zum Ziel gesetzt, jeden Tag 2.000 Wörter zu schreiben. Da ich ziemlich langsam schreibe, dauert das Stunden. Aber dafür sind meine Manuskripte schon im ersten Entwurf recht sauber.
Gegen Mittag widme ich mit dann meinen Pflichten als Cheflektorin des Ylva Verlags bzw. Ylva Publishing, lektoriere, beantworte Leser-Mails und betreibe Marketing.
Ein richtiges Wochenende habe ich bisher meistens nicht. So kann das gehen, wenn man das größte Hobby und seine Leidenschaft zum Beruf macht!

Arbeitest du an mehreren Geschichten gleichzeitig? Wie organisierst du deinen Schreibprozess?

Was den Erstentwurf betrifft, so arbeite ich immer nur an einer Geschichte. Allerdings habe ich zugleich andere Geschichten in anderen Phasen des Entstehungsprozesses. Zum Beispiel kann es sein, dass ich morgens an einem Roman schreibe, mittags dann letzte Überarbeitungen an einem anderen Roman oder einer Kurzgeschichte vornehme und abends ein wenig für ein zukünftiges Buchprojekt recherchiere. Die meiste Zeit reserviere ich dabei immer fürs Schreiben neuen Materials.
Ich schreibe meine Romane in Scrivener, einem Schreibprogramm für Autoren. Die Software erlaubt es mir, all meine Unterlagen, zum Beispiel Recherchen zum Beruf der Hauptfigur und zum Setting, Charakterbiografien und das Manuskript im selben Dokument anzulegen. Auch Bilder, Webseiten oder PDF Dokumente können importiert werden.

Woher holst du dir Inspiration für deine Figuren und Geschichten?

Manchmal weiß ich das selbst nicht so genau. Ideen können von überall her kommen. Von etwas, was ich irgendwo lese oder was mir oder jemandem, den ich kenne, selbst passiert ist. Meistens fängt aber alles mit der Frage „Was wäre, wenn…?“ an und dann beginnt mein Autorinnen-Gehirn, eine Geschichte um eine Grundidee herumzuspinnen. Dabei stehen die Hauptfiguren immer im Vordergrund. Zum Beispiel ist die Grundidee von Cabernet und Liebe die Folgende: Was wäre, wenn eine Frau, die sich eigentlich für heterosexuell hält, von ihrem Bruder hereingelegt und auf ein Date mit einem vermeintlich männlichen Studienfreund geschickt wird – der sich dann jedoch als lesbische Winzerin entpuppt…

Rosen für die Staatsanwältin

 

 

 

In diesem Monat ist der Krimi Rosen für die Staatsanwältin erschienen, der zweite Teil der Portland-Serie.

Wie kam es dazu, dass du dich entschieden hast Buch-Serien zu entwickeln? Worin liegen die Hauptunterschiede zu einer in sich abgeschlossenen Geschichte?                   

 

Zum einen fand ich, dass die Geschichte mit dem ersten Buch, „Auf schmalem Grat,“ zwar ein zufriedenstellendes Ende fand, aber dass es noch sehr viel mehr über die beiden Hauptfiguren zu berichten gab. Außerdem hatte ich auch die Nebenfiguren des ersten Romans liebgewonnen und wollte ihnen im zweiten Buch etwas mehr Raum und eine eigene Liebesgeschichte geben. So verhält sich das mit allen meinen Serien. Die Charaktere haben mich einfach nicht losgelassen. Und die Leserinnen wohl auch nicht, denn ich habe immer wieder Mails mit der Bitte um eine Fortsetzung erhalten.

Im Unterschied zum „Einzelroman“ hat man als Autorin einer Serie mehr Raum, die Charaktere eine längere Entwicklung durchmachen zu lassen und ihr Leben über einen längeren Zeitraum zu verfolgen. Die Schwierigkeit liegt dabei darin, das Buch so zu schreiben, dass auch Leserinnen, die Teil 1 nicht gelesen haben, den zweiten Teil verstehen und genießen können, gleichzeitig aber auch Leserinnen, die Teil 1 kennen, nicht mit alten Informationen zu langweilen. Ich denke, es ist mir gelungen, eine gute Balance zu finden.

Auf deinem Blog veröffentlichst du regelmäßig Tipps für Autorinnen und Autoren. Gab es einen speziellen Auslöser, weshalb du damit angefangen hast?

Mir war es wichtig, jungen bzw. neuen Autorinnen und Autoren Starthilfe zu geben, so wie ich mir das damals gewünscht hätte. Mit meinen Blogbeiträgen, aber auch indem ich als Mentor und Betaleserin fungiere, versuche ich, ein wenig von der Hilfe zurückzugeben, die andere Autoren und Betaleser mir über die Jahre zukommen ließen.

Seit diesem Jahr gibt es den Schreibratgeber Goal Setting for Writers von dir, im Dezember erscheint Time Management for Writers. Wie entwickelst du die Struktur und den Inhalt deiner Ratgeber?

Am Anfang steht immer ein Brainstorming. Ich überlege mir, was ich als Leserin zum Beispiel über das Thema Zeitmanagement wissen wollte. Auf diese Weise entsteht dann das Inhaltsverzeichnis und dann überlege ich mir für jedes Kapitel, welche Unterabschnitte enthalten sein müssen, um das Thema umfangreich abzudecken. Zum Beispiel habe ich mir für das Kapitel „Ablenkungen“ dann überlegt, warum kreative Menschen besonders anfällig für Ablenkungen sind, welchen Ablenkungen sie ausgesetzt sind und wie man diese erfolgreich bekämpfen kann.
Nachdem dann die Struktur steht, fange ich an zu schreiben. Dabei bemühe ich mich immer, möglichst lebensnah zu bleiben und durch Beispiele anderer Autoren und eigene Erfahrungsberichte das Buch anschaulich zu gestalten.
Am Ende gebe ich das Manuskript dann an meine Betaleser, mit der Bitte um Rückmeldung zu dem, was hinzugefügt, ausgebaut, geändert oder gestrafft werden muss.

Gibt es etwas, was du den Leserinnen und Lesern noch gerne mitteilen möchtest?

Dann nutze ich doch die Gelegenheit, um Danke zu sagen an alle, die meine Bücher gelesen und vielleicht sogar Rezensionen oder Feedback-Mails geschrieben haben. Ich hoffe, meinen Lesern und Leserinnen auch weiterhin viele schöne Lesestunden bereiten zu können!

 

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Geschichten von Jae

Deutsche Romane:

Cabernet und Liebe (Liebesroman)

Vorsicht, Sternschnuppe (Liebesroman)

Auf schmalem Grat (Teil 1 der Portland-Serie; Liebesroman mit Krimi-Aspekten)

Rosen für die Staatsanwältin (Teil 2 der Portland-Serie)

Zum Anbeißen (paranormaler Liebesroman)

Novellen:

Liebe à la Hollywood (kürzerer Liebesroman)

Vollmond über Manhattan (kürzerer paranormaler Liebesroman)

Kurzgeschichten:

Der Morgen danach (kostenlose Kurzgeschichte)

Sonderfahrt an Heilig Abend (kostenlose Kurzgeschichte)

Verführung für Anfängerinnen (erotische Kurzgeschichte, gehört zu „Cabernet und Liebe“)

Coitus Interruptus Dentalis (paranormale Kurzgeschichte, gehört zu „Zum Anbeißen“)

Liebe unterm Tannenbaum (3 romantische Kurzgeschichten)

Die Mitternachtscouch (Kurzgeschichte in der Anthologie „Suche Herz mit Namen“)

Pasta Amore (romantische Kurzgeschichte) [/box]

Ein Gespräch mit Christian Eberli

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„Die Kraft des Theaters liegt darin, 

die Gefühle zu den Menschen zurückzubringen“

 

 

 

Christian Eberli schreibt, malt, schauspielert und singt. Er bezeichnet sich selbst als angehenden Schauspieler und Jungdramatiker. Seine Worte sind malerisch, kraftvoll und poetisch. Wenn man seine Texte liest, begibt man sich auf abenteuerliche Reisen – in die Ferne und immer wieder hin zu einem selbst. Und so kann es passieren, dass man zunächst auf einer Bühne steht, zwischen Reitern und Königen und sich in die Mähne eines Pferdes krallt. Plötzlich umgibt einen der Märchenwald – über einem die Eulen, am Baum der Schatten der Hexe und in der Luft der Duft eines klaren Bergbaches. Und wenn man meint, in vertrauter Umgebung angekommen zu sein, fragt man sich, wessen Augenpaare einem gerade aus der Spiegelung des Fensters entgegenblicken.

Einige seiner Texte veröffentlicht Christian auf seinem Blog „Eulenkönig“, zudem findet man ihn auf Facebook und als @Chatzefuetter auf Twitter.

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  Christian, vielen Dank, dass du dir Zeit für das Interview nimmst. Erzähl mal ein wenig über dich. Wer bist du? Was machst du? Was hast du gelernt?

 

 

Danke dir, Ina, für die Möglichkeit mich präsentieren zu dürfen! Der Reihe nach. Ich bin ein junger Mann aus der Mitte eines kleinen Landes, der gerne mal Bildhauer geworden wäre, aber zu ungeschickt war und dann seinen für richtig gehaltenen Weg nach dem Besuch einer privaten Kunstschule erblickte.
Gelernt habe ich einen Beruf, den es nur in der Schweiz gibt, sozusagen der Layout- und Bildbearbeiter in der Druckerei. Heute empfinde ich Abscheu gegenüber diesem Werk, was aber eher mit der Arbeitsgesellschaft zu tun hat. Jetzt würde ich mich selber als angehenden Schauspieler und Jungdramatiker benennen. Für mich selber habe ich gemerkt, dass es mich innerlich befreit und es meiner Seele gut tut, mich in allerlei möglichen Formen der Kunst auszudrücken.

Auf deinem Blog sagst du selbst über dich, du seist süchtig nach Geschichten. Wie fing das an und in welcher Form kommt es bis heute zum Ausdruck?
Ich kann dir nicht genau sagen, ob das einen Auslöser braucht, oder man so auf die Welt kommt. Ich denke, es hat auch etwas mit dem Grundgespür eines Menschen zu tun. Aber ich erinnere mich an die Zeit als Kleinkind, als mein Vater mich mit in die Natur nahm und mir furchtverbreitende, faszinierende, mystische und eigenartige Geschichten über unser Dorf und unsere Vorfahren erzählte, da entstanden in meinem Kopf Filme vom Feuerteufel, der nachts über die Wiese vom Stall ins Haus rennt und über eine alte Frau, die den Wildbach mit Brotkrümeln bändigte.
Heute liebe ich nach wie vor eigenartige Gestalten und alle Geschichten, die mit einer tollen Sprache zu mir dringen. Sie lösen ein total lebendiges und euphorisches Gefühl aus. Manche versuche ich gleich irgendwie auszudrücken, manche reifen lange in mir, bis ich weiß, wie geformt ich sie raus lassen will, manchmal schreibe ich etwas auch nur für mich auf.

Du nutzt sehr viele Arten Geschichten zu kreieren und sie festzuhalten. Einige veröffentlichst du auf deinem Blog, du malst aber auch und schreibst Theaterstücke. Wie kann ich mir den Ablauf vorstellen, wenn du eine Idee für eine neue Geschichte hast? Entscheidest du intuitiv, welche Form du ihr geben magst? Oder sammelst du zum Beispiel erst mal einige Ideen und setzt sie dann nach und nach um?
Erst mal muss ich sagen, ich bin ein sehr intuitiver Mensch. Ich durchdenke viel, aber wenn es darum geht mich auszudrücken, bin ich ein Bauchmensch. Darum gerate ich auch oft vor die Fronten, da ich mich für andere unverständlich begründe, aber in meiner eigenen Gefühlswelt stimmt es ja, ohne Worte.
Meistens habe ich aber auch gleich mit der Idee eines Inhalts die Vorstellung, in welcher Form ich sie ausdrücken will. Ein Beispiel: Ich bemerke eine lustige Begegnung in einem öffentlichen Raum und denke, das muss ich mir aufschreiben, das wäre toll auf einer Bühne. Aber mit vielem kann man die Künste ja verbinden und ich versuche immer das zu tun, worauf ich gerade Lust habe.

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Was bedeuten dir Märchen?

 

 

 

Märchen bedeuten mir sehr viel. Was mich einerseits so daran reizt, ist die Tatsache, dass viele auf den ersten Blick meinen, sie seien so simpel, hätten eine klare, einfache und begründete Handlung, sie jedoch viel mehr sind. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die eigentliche Botschaft von vielen Märchen gar nicht mehr ankommt oder anders als früher gedacht. Dann ist da auch der Unterschied zwischen Volks- und Kunstmärchen spannend. Was aber genauso gut ist, sind die poetischen Bilder, die man zum Beispiel mit dem Satz „Was macht mein Kind? Was macht mein Reh? Jetzt komm ich noch einmal und dann nimmermehr“, hervorzaubern kann. Die mysteriösen, die lustigen, die traurigen Momente und die großen Figuren, wie Hexen, Könige, Prinzessinnen, die wir alle gerne mal gewesen wären und trotz der Absonderlichkeiten, ist es immer wieder der Mensch selbst, der da gezeichnet ist. Jeder Mensch baut sich daraus eine eigene Art Geschichte auf.

Warum erzählen Menschen anderen Geschichten?
Damit der Geist am leben bleibt. Ich halte Geschichten für Nahrung. Sie regen an, man frisst sich durch sie durch, frisst sie auf. Und es verhilft, nicht zu weit in eine eigene Welt abzudriften. Die Seele sowie der Geist lernen dadurch und ich kann gar nicht genau sagen, ob es nicht noch mehr als Genugtuung ist, wenn sie die Geschichte weitergeben.

Welche Stücke spielst du am liebsten und warum?
Tragödien, oder Tragikomödien. Meine persönliche Meinung ist es, dass die mehr hergeben als Komödien. Ich bin nicht der Typ Theatermacher, der die Leute aus dem Alltag herausholen und sie einfach zum Lachen bringen will. Ich möchte alle Gefühle ansprechen und den Zuschauer so stark wie möglich berühren und auch zum Nachdenken anregen. Wenn der Einbrecher in „Der nackte Wahnsinn“ durchs Fenster klettert, obwohl schon ein Einbrecher drin ist, ja, dann haut es mich vom Stuhl vor lachen und lachen ist auch wichtig, aber wenn Ferdinand in „Kabale und Liebe“ auf die Knie sinkt vor Enttäuschung und Wut und seinen großen Monolog hält, dann holt mich das viel mehr ab.
Ich möchte aber auch unbedingt Friedrich Dürrenmatts Stücke spielen, dann lechze ich danach endlich Frischs „Andorra“, oder „Liliom“ von Ferenc Molnar spielen zu dürfen, oder eben viele alte tragische Klassiker.

Wie bereitest du dich auf eine neue Rolle vor?
Ich nehme das locker. Erst mal lasse ich alles auf mich zukommen, lese einmal das ganze Textbuch, gehe meine Stellen noch einmal durch, dann erarbeite ich während den Proben die Rolle mit dem Regisseur und merke mir gut was er dazu sagt. Gegen Ende der Probearbeit denke ich mir für die Rolle einen vollen Namen aus, wenn sie den nicht schon hat, und überlege mir eine Lebensgeschichte die zu ihr passt. Ich versuche mir daraus den Charakter ganz zu erschließen und stelle die Grundfragen: „Wo komme ich her? Wo will ich hin?“ und denke mich in den Konflikt, in dem die Figur steckt. Aber das eigentliche Entstehen der Rolle kommt automatisch, ich mache eigentlich nicht viel mehr als zu proben. Ich überdenke das auch nicht mehr all zu groß wenn die letzten Proben da sind. Es ist eher ein Entdecken der Seite, die man schon in sich hat und ein Entstehen lassen.

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  Worin, meinst du, liegt die Kraft des Theaters?

 

 

 

Darin, das Gefühl zurückzubringen. Das klingt skurril, wir leben aber heute in einer Welt, sprich in einer Gesellschaft in der Gefühle zeigen verpönt ist, ja oft sogar verboten. Fängt ein Mensch draußen zu weinen oder lachen an, wird nicht geholfen, oder mitgelacht oder akzeptiert, es wird gesagt: „Mein Gott, du wirst ja emotional!“ Sprich: Das geht ja gar nicht. Dieser Mensch gilt dann als krank.
Das Theater erarbeitet Gefühl. Denn Gefühle sind unsere Natur und irgendwer muss die noch zeigen. Spitz gesagt: Wo kommt die Gesellschaft hin, wenn sie nur noch Ja sagende Zwangsoptimisten mit wachsenden Bäuchen, voller runtergeschluckten Gefühlen an die Front stellen?
Man geht mit den Figuren auf eine Reise, die manchmal gar nicht so kurz ist. Und somit ist der Schauspieler in unserer Gesellschaft dafür da, dem Zuschauer durch wortwörtliches, hervorgerufenes Mitgefühl sein „Ich“ wieder näherzubringen. Und was einem dabei alles gezeigt wird ist dann Sprache, das Theater als geschützter Sprachraum der gesellschaftlichen Reflexion. Gisela Widmer sagte: „Sein, das verstanden werden kann ist Sprache.“ Man lernt als Schauspieler andere Wesen, also sein eigenes kennen und zeigt es dem Zuschauer, in welcher Rolle auch immer. Damit er diese Sprache womöglich lesen und sagen kann: „Das hat mich beeindruckt.“ Denn daraus hat er wahrscheinlich schon verstanden und auch gesehen was passiert, wenn man das Gefühl herunterschluckt, oder was eben passiert, wenn man es nicht tut. Vielleicht wie viel Menschlichkeit es noch braucht. Und wie sehr unmenschlich die momentane Entwicklung der Gesellschaft wahrscheinlich ist. Und mit Theater halten wir dagegen. Das Theater hält dagegen, gegen den Zerfall des Menschen, der zwischen Zahlen, Terminen und Plänen versinkt und nicht mehr sagen kann, mit Sprache irgendwelcher Art, wenn sich etwas nicht richtig anfühlt. Wir erzählen Geschichten, die, da wir sie uns selber glauben, vom Zuschauer geglaubt und interpretiert werden. Und da fängt es an.

Gibt es im Theater, außerhalb der Bühne, einen Raum oder einen Ort, den du besonders magst?
Im Theater? Ja, der Raum der sich an der Tür zwischen Backstage-Bereich und Zuschauer befindet, wo man rauskommt und einen die Audienz nach dem Spiel erwartet. Es ist so schön, die gespannten Gesichter vor der Darbietung zu sehen und ihre Blicke zu tragen, wenn sie es gesehen haben. Was sie mit einem reden wollen, und wen man dort trifft, kennenlernt.
Und ich liebe es, wenn anderthalb Stunden vor einer Vorstellung in der Maske die Sau los ist, wenn jeder bühnenschön gemacht wird, oder sich macht. Es hat eine eigene Atmosphäre und es kommen ganz lustige Gespräche in Gang. Ich selber will mich kurz vor dem Auftritt nicht mehr abschotten und in mich gehen, das mach ich erst wieder, wenn ich direkt neben der Bühne stehe. Ich will mich mit den Leuten unterhalten, mich ablenken, das gibt mir Sicherheit.

Ob Shakespeare sich in der heutigen Zeit wohlfühlen würde? Worüber würde er vermutlich schreiben?
Fühlst du dich in unserer Zeit wohl? Also ich bin mir bei mir nicht immer so sicher. Naja, ob Shakespeare es heute würde, da möchte ich eigentlich keine gewagten Mutmaßungen platzieren, aber ich denke nein, auch wenn es die Wiedergeburt gibt, wäre das Elisabethanische Zeitalter wahrscheinlich seine Zeit. Wäre er heute hier, vielleicht würde er sich statt dem Drama des dunkelhäutigen Feldherren Othello einen Flüchtlings-Othello ausdenken, wer weiß. Auf jeden Fall, wer ihn sieht, darf ihn gerne mal zu mir schicken. Ich frage mich, wie er seinen Tee trinkt.

Gibt es etwas, was du anderen gern mit auf den Weg geben magst?
Etwas liegt mir sehr auf dem Herzen, obwohl man an dieser Stelle vielleicht denken mag, dass einem das schon klar ist. Es hat bei mir einiges gebraucht, das richtig zu begreifen: Der Arzt, oder der Polizist, der Anwalt kann dir nicht weit helfen, der Mensch bist du immer selber. Die Natur hilft dir dabei.
Wenn du auf dein Herz hörst und nicht auf die Anderen, hast du eigentlich gewonnen.

Bildrechte (v. oben n. unten): Foto 1: Christian Eberli; Foto 2-4: Ingo Höhn.

Ein Gespräch mit Stephan Waldscheidt

„Mir macht es Spaß, mein Wissen weiterzugeben“

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Stephan Waldscheidt ist Autor zahlreicher Kurzgeschichten und Fachartikel. Im letzten Jahr erschien sein zweiter Roman „Insein für Outsider“, zudem veröffentlicht er regelmäßig Schreibratgeber und berät Autoren beim Schreiben und Publizieren.

Auf seinem Blog gibt er stetig neue Ratschläge mit anschaulichen und überraschenden Beispielen für Autoren: rund um das Leben als Autor, das Schreiben, kreativ sein und zu vielen weiteren Themen.

 

 

 

Herr Waldscheidt, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für das Interview nehmen. Sie veröffentlichen unter anderem Romane und Schreibratgeber. Was war das für ein Text, den Sie als erstes von sich veröffentlicht sehen wollten und wie ist er entstanden?

Ein Fantasy-Roman, damals noch ganz klassische High-Fantasy. Entstanden ist er, physisch, auf meiner ersten Schreibmaschine, ein komplett mechanisches Gerät und gebraucht für zwei D-Mark gekauft. Der Roman war, aus heutiger Sicht, nicht mal so viel wert.

Was war der Auslöser dafür, dass Sie Tipps an andere Autoren weitergeben wollten?

Ich habe selbst sehr viel von und aus guten Schreibratgebern gelernt. Auf vieles davon wäre ich durch die reine Lektüre von Romanen nie gekommen. In Deutschland gab und gibt es kaum (um nicht “keine” zu schreiben) gute Ratgeber, wenn es um spezielle Themen beim Schreiben geht, sagen wir, Plotten oder Charakterentwicklung.
Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass ich beim Lesen von Romanen oder beim Anschauen von Filmen häufig die Kniffe des Autors bemerke: Wie hat er oder sie ein bestimmtes erzählerisches oder dramaturgisches Problem gelöst? Darüber habe ich dann geschrieben, das Beispiel konnte ich somit auch gleich mitliefern.
Mir hat das Schreiben dieser Tipps Spaß gemacht. Ich habe selbst vermutlich am meisten dabei gelernt. Mir macht es Spaß, mein Wissen weiterzugeben. Vor allem aber will ich bessere Romane von deutschen Autoren lesen. Ich wünsche mir eine pragmatischere Herangehensweise unserer Autoren ans Schreiben, eine Professionalisierung und schlicht: besseres Handwerk. Wenn ich dazu einen noch so kleinen Teil beitragen kann, wunderbar.
Ach ja, außerdem hatte ich natürlich gehofft, wahnsinnig viel Geld mit den Schreibratgebern zu verdienen, die dann später entstanden sind. Kurioserweise ist der Geldregen bislang ausgeblieben.

Was motiviert Sie bis heute, es weiterhin zu tun?

Es ist ein bisschen dieses Gefühl: “He, ich hab da was Tolles entdeckt, einen sagenhaften Trick, wie dieser Bestsellerautor jenen Protagonisten einführt. Das muss ich dir einfach zeigen. Pass auf …”
Natürlich freue ich mich auch über Dankes-Mails von begeisterten Lesern. Sind gar nicht mal so selten.
Ach ja, und die einfach nicht totzukriegende Hoffnung auf den Geldregen.

Wie schätzen Sie ab, dass Ihre ausgewählten Ratschläge hilfreich sein könnten?

Sie helfen mir. Ich finde sie schlüssig und nachvollziehbar. Andere Autoren kämpfen wahrscheinlich mit den gleichen Problemen, wenn sie bessere Romane schreiben wollen. Denke ich. Also erzähle ich ihnen davon.
Und ich sehe in meinen Gutachten (Exposé, Anschreiben, Leseprobe), mit welchen Problemen Autoren besonders häufig kämpfen. Die adressiere ich dann auch, aktuell in meinen Artikeln auf selfpublisherbibel.de.

In Ihren Blogbeiträgen und Schreibratgebern sind detaillierte Beispiele aus Büchern und Filmen zu finden. Verraten Sie mir etwas über Ihre Arbeitsweise. Haben Sie erst ein Thema und suchen dann bewusst nach Beispielen?

So habe ich tatsächlich die ersten Artikel geschrieben. Furchtbare Methode. Sie ist auch schuld daran, dass viele Sachartikel zu trocken sind oder die Beispiele mies oder an den Haaren herbeifabuliert.
Wer so arbeitet, sucht entweder wesentlich länger nach einem Beispiel, als das Schreiben des Artikels dauert. Oder er erfindet Beispiele. Letzteres mache ich nur dann, wenn es sich anbietet oder ich ewas sehr Spezifisches brauche.
Von konkreten Fällen auszugehen, ist auch deshalb sinnvoller, weil es die Methode, die ich beschreibe, in der Praxis zeigt: Da hat tatsächlich ein echter Bestsellerautor oder ein Filmemacher diese Methode erfolgreich angewandt.

Können Sie Bücher noch genießen, oder fängt Ihr Kopf automatisch an den Text zu analysieren?

Ja und ja.

Wie ist Ihr Schreiballtag organisiert? Arbeiten Sie parallel an verschiedenen Texten?

Er ist organisiert. Ins Detail will ich hier nicht gehen. Ich arbeite immer parallel an vielen verschiedenen Texten. Was für die meisten Autoren der Normalfall ist. Da muss ein Text für die Federwelt überarbeitet werden, dort muss noch schnell ein neuer Artikel für die Selfpublisher-Bibel her, während ich an einem Roman schreibe und noch eine Kurzgeschichte für eine Anthologie Korrektur lese. Beim Schreiben eines Romans versuche ich mich inzwischen auf immer nur einen zur Zeit zu konzentrieren. Das geht dann nicht mehr, wenn man mit seinem Agenten oder einem Lektor an einem anderen Roman arbeitet, der eine Deadline hat.

Wie halten Sie Ihre Ideen fest?

Meistens ganz klassisch auf Papier.

Gibt es Texte, die Sie nur für sich schreiben, zum Beispiel zum üben oder aus Freude an der Textform?

Für das reine Üben habe ich keine Zeit. Außerdem sollte jeder Autor irgendwann den Zeitpunkt erreicht haben, wo er vom Üben zum Machen übergeht. Ich trainiere meine Schreibmuskeln, wann immer ich schreibe. Meine liebste Textform ist der Roman, und daran arbeite ich auch meisten.
Früher habe ich mal Gedichte allein für mich geschrieben, und ab und an denke ich mal daran, die vielen hundert, die über die Jahre entstanden sind, zu publizieren. Dann aber frage ich mich: Wozu den Aufwand? Und für wen?
Ach ja, notgedrungen schreibe ich die Texte für mich, die niemand publizieren will.

Haben Sie einen Lieblingssatz, den Sie besonders mögen, von sich oder aus fremder Feder?

Die letzten Sätze von John Irvings “The Hotel New Hampshire”:
“You’ve got to get obsessed and stay obsessed. You have to keep passing the open windows.”

Was möchten Sie anderen Autoren mit auf den Weg geben?

“You’ve got to get obsessed and stay obsessed. You have to keep passing the open windows.”

Elf Fragen an Cori Kane

„Schreiben ist ein Handwerk, aber auch Kunst“

Ein Gespräch mit Cori Kane

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Cori Kane schreibt seitdem sie 14 Jahre alt ist, angefangen hat sie mit Gedichten und kleinen Geschichten. Seit dem letzten Jahr veröffentlicht sie regelmäßig Kurzgeschichten, im Mai dieses Jahres erschien ihre Novelle „The Affair“.

Cori probiert viele Kreativformen aus und nutzt dafür auch die unterschiedlichen Möglichkeiten im Internet. Seit sie im Jahr 2000 mit Fanfiction startete, hat sie unter anderem ihren Blog mit vielseitigen Beiträgen gefüllt und ist zum Beispiel auf Twitter sowie Tumblr vertreten.

 

 

 

Cori, ich freue mich sehr, dass du dir Zeit für dieses Interview nimmst. Auf deinem Blog setzt du dich unter anderem mit dir und deinem Schreibprozess auseinander. Du erzählst von schwierigen Zeiten, aber auch, dass du es immer wieder schaffst, deine Projekte weiter zu verfolgen. Wie geht es dir momentan mit dem Schreiben?

Danke, dass du mich gefragt hast, dieses Interview zu machen. Ich hatte ein paar Rückschläge dieses Jahr, aber ich habe endlich wieder angefangen zu schreiben. Es ist schwierig, sich nach einer relativ langen Zeit wieder hinzusetzen und täglich zu schreiben. Aber wenn das erst geschafft ist, dann läuft es auch. Und im Moment läuft es. Ich arbeite an einer Geschichte, die ich letztes Jahr angefangen habe: Halfway Home. Ich mag die Charaktere sehr, die Geschichte entwickelt sich allerdings noch in meinem Kopf. Ich hoffe, es wird ein Roman, wenn’s fertig ist.

Wie konntest du dich motivieren, wieder regelmäßig zu schreiben?

Ich glaube, das hat mit Motivation gar nicht so viel zu tun. Motiviert bin ich fast immer. Aber wir kennen das alle: es kommen einem Sachen dazwischen, im Leben läuft nicht alles rund, und das Schreiben kann man immer aufschieben. Ich musste zuletzt auf einen Zeitpunkt hinarbeiten, an dem ich gesagt habe: jetzt setz dich dahin und schreib. Und das hab ich dann gemacht. Aber wenn man erst einmal wieder richtig angefangen hat, dann kann man auch täglich wieder an den Schreibtisch zurückkehren und weiter geht’s.

Wie oft schreibst du und wie schaffst du es, das Schreiben in deinen Tagesablauf zu integrieren?

Ich hab nicht so wirklich einen geordneten Alltag, vor allem dadurch, da ich im Moment Arbeit suche. Sprich, bei mir läuft alles durcheinander und ich versuche immer, mir einen Stundenplan zu formen, oder zumindest eine Abfolge, die ich einhalte. Schreiben ist ein Punkt in dieser Abfolge, zumindest im Moment, bis alles wieder wild durcheinander läuft. Zurzeit schreibe ich etwa zwei Stunden am Tag, aber ich hab erst wieder angefangen. Das wird sich also steigern. Ich verwende außerdem noch Zeit für Recherche für eine Geschichte, die ich hoffentlich nächstes Jahr beginnen kann.

In diesem Jahr ist die Geschichte „Versch(l)ossen“ in der Anthologie „Suche Herz mit Namen“ veröffentlicht worden; zwei Frauen lernen sich kennen, weil eine von den beiden aus Versehen zwei Räder zusammengekettet hat. Erzähl mir etwas zur Entstehung dieser Geschichte. Woher kam die Idee? Wie hast du die Figuren entwickelt?

Die Idee für ‘Versch(l)ossen’ ist schon recht alt, bestimmt schon zehn Jahre. Den Anfang hab ich damals geschrieben und die Geschichte für die Anthologie beendet. Damals hab ich fast mal mein Fahrrad mit einem anderen zusammengeschlossen und dachte, das wäre ein guter Ausgangspunkt für eine Geschichte. Erstaunlicherweise hab ich dann über zwei Figuren nachgedacht, die zwei ehemaligen Klassenkameradinnen recht ähnlich waren. Das mache ich normalerweise nicht, Charaktere nach Leuten formen, die ich kenne. Aber in dem Fall passierte das ganz natürlich. Die Ähnlichkeit ist aber oberflächlich – die beiden Mädchen, Frauen inzwischen, habe ich seit vielen Jahren nicht gesehen.

Schreibst du Geschichten parallel, oder schließt du erst eine ab, bevor du die nächste anfängst?

Das kommt auf das Format an. Fanfictions habe ich schon parallel geschrieben, ebenso wie Kurzgeschichten. Wenn ich an einer langen Geschichte arbeite, versuche ich immer, mich nur darauf zu konzentrieren – es sei denn, ich hab eine so gute Idee für eine Kurzgeschichte, dass ich sie einfach schreiben muss. Recherche läuft währenddessen immer nebenbei, und ich denke auch immer nebenbei noch über andere Geschichten nach.

Deine Muttersprache ist Deutsch, du schreibst zusätzlich auf Englisch, wie kam es dazu?

Am Anfang habe ich nur auf Deutsch geschrieben, aber als ich in der Schule Englisch gelernt habe, habe ich gemerkt, dass ich eine natürliche Affinität zu dieser Sprache habe. Ich habe angefangen, Bücher auf Englisch zu lesen. Es hat lange gedauert bis ich mich getraut habe, tatsächlich auf Englisch zu schreiben. Anfangs war das Fanfiction. Aber die Leute, die’s gelesen haben, mochten es. Und jetzt schreibe ich hauptsächlich auf Englisch. Der Markt ist größer und ich mag, dass die Sprache fließt, während Deutsch immer ein bisschen holprig daherkommt.

Wo findet man dich im Netz?

Wo findet man mich nicht? Ich hab Twitter, Facebook, Tumblr – alles unter dem Namen Corikane oder Cori Kane. Außerdem auch LiveJournal und Dreamwidth. Meine Fanfiction kann man auf Fanfiction.net und AO3, archiveofourown.org, finden. Und dann habe ich noch diverse Blogs. Der wichtigste ist mein Schreiberblog, den ich versuche zweisprachig zu halten, aber das meiste ist auch hier auf Englisch.

In welchem sozialen Netzwerk, bzw. auf welcher Seite liegt deine Hauptaktivität und warum?

Ich denke, ich verbringe meine meiste Zeit auf Tumblr. Ich habe einen Fanblog, was auf Tumblr bedeutet, ich reblogge einen Haufen Posts von Leuten, die dieselben Dinge mögen wie ich. Ich mag Tumblr vor allem, weil es sich wie ein Durchschnitt durch die Weltbevölkerung anfühlt, eine recht queere Welt, mit ganz vielen unterschiedlichen Erfahrungen und Meinungen. Ich finde das sehr interessant, aber die Gefahr besteht, dass man sich verliert. Im Moment versuche ich, mich zeitlich dort etwas einzuschränken. Aber an sich schaue ich auf den meisten Seiten mindestens einmal täglich vorbei.

Das klingt nach viel Input und einem regelmäßigen Austausch mit anderen, warum ist dir das wichtig?

Das ist eine Menge Input und, wie gesagt, man kann sich leicht verlieren. Aber das ist die virtuelle Welt und ich finde es dort einfacher, mich zu bewegen und Kontakt zu Leuten aufzubauen. Ich bin kein sehr sozial-aktiver Mensch. Ich habe meine Familie, ein paar Freunde, aber im Alltag nicht viel Kontakt zu anderen. Es können Tage vergehen, ohne dass ich mit einem einzigen Menschen rede. Das liegt nicht nur daran, dass ich introvertiert bin, das liegt vor allem daran, dass ich sehr verkopft bin. Manchmal will ich über eine meiner Lieblingsserien reden, oder ein gutes Buch, oder was auch immer und dann finde ich garantiert jemanden auf Tumblr, der sich auch dafür interessiert. Und dann ist das wieder erledigt. Das sind nicht zwangsläufig tiefsinnige Gespräche, aber ich muss nicht mal meine Wohnung verlassen, um mit Leuten in Australien oder den USA zu reden. Oder halt in Klein Kleckersdorf, wenn mir danach ist.

Du hast dich vor knapp fünfzehn Jahren entschieden, deine Art zu Schreiben durch Fanfiction öffentlich zu machen. Erzähl mir davon.

Damals hab ich mich mit anderen Xena-Fans in einem Forum ausgetauscht und dort auch Gedichte eingestellt. Irgendwann meinte einer der Jungs dort: deine Gedichte sind so gut, wieso schreibst du eigentlich keine Geschichten? Und ich dachte: warum eigentlich nicht? Und die erste Geschichte kam bei den Leuten gut an und dann hab ich sie an eine der Seiten geschickt, die damals deutsche Fanfiction veröffentlicht hat. Das war keine große Sache, obwohl es natürlich aufregend und cool war, wenn jemand geschrieben hat, dass er/sie eine Geschichte mochte. Ich hatte auch lange meine eigene Web-Seite, wo ich dann meine Geschichten raufgestellt hab.
Xena Fanfiction war für viele der Anfangspunkt. Man muss sich nur ansehen, wie viele der Schreiberinnen, die heute Lesbian Romance oder Lesbian Fiction schreiben, dort angefangen haben. Ich denke, Fanfiction ist ein guter Einstieg für jede Art von Schreibern, aber besonders für Romance. Man kann mit Charakteren arbeiten, die man selbst nicht erschaffen hat, sich in einer Welt bewegen, die vielen bereits bekannt ist. Man lernt, wie Dinge funktionieren, und dann kann man anfangen, seine eigenen Charaktere und Welten zu erschaffen. Oder man bleibt bei Fanfiction und betreibt Schreiben als Hobby.

Hast du dich dann auch noch mal speziell in das Schreiben von Kurzgeschichten und Romanen bzw. Novellen eingearbeitet?

Es ist ein bisschen beschämend zu sagen, dass ich mich mit dem Handwerk des Schreibens sehr wenig auseinandersetze und -gesetzt habe. Das meiste, was ich darüber weiß, kommt aus dem Studium, wo ich eher die Arbeit anderer interpretiert und kritisiert habe.
Ich habe in meinem ganzen Schreiberleben auch nur einen einzigen Ratgeber gelesen und das war Stephen Kings ‘About Writing’, was mehr mit King zu tun hatte als mit dem Inhalt. Ich finde sein Buch durchaus hilfreich, wende aber lange nicht alles an, weil ich finde, dass Schreiben nicht für jeden auf die selbe Art und Weise funktioniert. Sicher, es ist ein Handwerk, aber ich finde, dass es auch Kunst ist. Und ich bin darin eher intuitiv als geschult.

Ich wünsche dir viel Erfolg für die nächste Zeit und freue mich darauf, bald wieder etwas von dir zu lesen.

 

[box] Romane und Kurzgeschichten von Cori Kane:

Cori`s erste veröffentlichte Kurzgeschichte heißt „A Lesson in Magic“ und ist in der Anthologie „Wicked Things – Lesbian Halloween Short Stories“ des Ylva Verlages erschienen. Die Anthologie erhielt in diesem Jahr den Goldie der Golden Crown Literary Society (GCLS). In diesem Jahr erschienen die Kurzgeschichten „Versch(l)ossen“ (als Teil der Ylva Anthologie „Suche Herz mit Namen“) und „Unser erster-letzter Tanz“ (in der Anthologie „Heartbeatclub“ des Größenwahn Verlages). Seit Mai ist die Novelle „The Affair“ (Ylva Verlag) erhältlich. [/box]

Ein Gespräch mit Anna Thur

„Man hat seinen Schreibstil gefunden, wenn man sich in seinem Text zu Hause fühlt“

Ein Gespräch mit Anna Thur

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         Die Journalistin Anna Thur veröffentlicht seit über drei Jahren Erlebnisberichte und Kurzromane. In ihren Geschichtsbänden „Liebe“, „Leben“ und „AugenBlicke“ (siehe Bild) erzählt sie von Begegnungen und Erlebnissen verschiedenster Menschen und bietet dabei Einblicke in facettenreiche Charaktere. Detailreich schildert sie Alltagssituationen und lässt die Leserinnen und Leser so an aufregenden, traurigen und spannenden Momenten teilhaben.

    Auf ihrem Blog finden sich Beiträge über Ereignisse, die sie motivieren oder beeindrucken, ebenso über Bücher, Filme und kreative Menschen. Auf Twitter kann man nachlesen, was sie gerade bewegt (oder auch nervt).

 

 

 

Stell dich doch mal vor, wer bist du, was machst du? Wo findet man dich im Netz? Was gibt es auf deiner Internetseite und deinem Blog zu entdecken?

Erst einmal herzlichen Dank für die Einladung zum Interview. Deine Fragen gefallen mir sehr und Deine Arbeit auch. Dabei haben wir uns ja kennengelernt. Erst auf Twitter und dann beim Schreiben. Also: Ich bin, wie Du geschrieben hast, Journalistin, aber auch Bloggerin und Autorin, halte Twitter für coole moderne Kurzprosa und manchmal auch Rotzprosa – Und da misch ich gerne mit, genauso wie bei tumblr. Ansonsten schreibe ich neben meinem ,Brotschreiben‘ Kurzromane, habe inzwischen drei Bände davon im Selfpublishing veröffentlicht. In meinem Blog geht es um die Dinge, die mich inspirieren: Bücher, Draußen lesen, Charaktere – sei es aus Geschichten oder aus dem wahren Leben.

Seit wann schreibst du?

Puh. So genau kann ich das nicht sagen. In der Grundschule habe ich einen Preis für eine Kurzgeschichte gewonnen. Bis vor ein paar Jahren habe ich immer Tagebuch geschrieben. Damit angefangen habe ich schon sehr früh. Dann gab es noch ein Theaterstück beim Abi und ich hab die Schülerzeitung gemacht. Ich bin dann erst mal zum Journalismus und der PR. Gefühlt schreibe ich erst seit drei Jahren so RICHTIG Prosa.

Warum liebst du es, zu schreiben?

Mein Kopf ist voll mit bunten Bildern und Geschichten. Das war schon immer so und das Schreiben ist eine der wenigen Möglichkeiten, das beruflich rauszulassen.

Seit wann hast du deinen Blog und wie kam es dazu, dass du damit angefangen hast?

Meinen Blog habe ich im Frühjahr 2014 installiert, dann aber sehr unregelmäßig gepostet. Erst im Dezember 2014 habe ich so richtig angefangen zu bloggen. Am Anfang war einfach nur die Idee da, mit dieser Möglichkeit zu veröffentlichen zu spielen. Ich dachte von Anfang an auch daran, dort ein paar Sachen einzustellen, die ich nicht einfach nur so bei Facebook, Twitter oder Tumblr ‚reinhauen‘ will. Ein paar Arbeiten brauchen einfach einen anderen Rahmen. Doch bei mir hat sich kein automatisches „ich poste dann mal was“ eingestellt. Ich brauch da schon eher einen Plan, einen Rahmen, den ich mir selbst gebe. Sonst geht das im Arbeitsalltag unter. Ich wollte das aber nicht halbherzig betreiben und hab es deshalb Ende 2014 ausgebaut, einfach auch, weil es eine schöne Kommunikationsform mit Lesern, Kollegen und Freunden ist.

Warum hast du dich für das Selfpublishing entschieden?

Einer der Gründe war, dass sich die Vertragsbedingungen bei einem Verlag, für den ich sehr viel gemacht habe, so gravierend verändert haben, dass es für mich nicht mehr tragbar war. Schon als ich meinen ersten Vertrag in der Hand hatte, hatte mir ein Agent dringend davon abgeraten und gesagt: Zu diesen Konditionen geht das nicht. Aber ich hab es trotzdem gemacht, weil ich einen Anfang brauchte.

Für Selfpulishing habe ich mich auch wegen der Gestaltungsspielräume entschieden, weil ich Dinge ausprobieren kann und weil schneller etwas publiziert ist – vorher hatte ich für kleine Sachen oft einen Vorlauf von bis zu zwei Jahren. Du hast selbst Einfluss auf das Marketing, kannst etwas unternehmen, um voran zu kommen. Zum Glück kenne ich mich mit Marketing ein wenig aus.

Wie kommst du zu deinen Ideen und wie hältst du sie fest?

Die Ideen kommen eigentlich ständig: aus kleinen Alltagssituationen, Träumen, Begegnungen. Allerdings versiegen sie, wenn ich zu gestresst bin. Oder es gibt auch Phasen in denen ich mich regelrecht leergeschrieben fühle. Dann muss ich auftanken. Das geht am besten unterwegs, gerne auch in der Natur. ZACK sind sie schon wieder da, die Ideen, werden in Notizbücher gekritzelt oder zu meinen Projektheftern gepackt.

Erzähl mir von deinem Entwicklungsprozess eines Textes. Wie entsteht ein Blogeintrag?

Manche Texte basieren auf Ideen, die ich schon vor langer Zeit im Kopf hatte, lange daran recherchiert habe, oder an denen ich gefeilt habe. Andere Blogeinträge entstehen ganz spontan. Ein Mal zum Beispiel war es heftig kalt und das hat mich an die Huski-Augen auf einem Buch erinnert, dass ich sehr mag. Dann habe ich etwas über das Buch gepostet. Oder in einem Zeitungsbeitrag habe ich über den Verkauf einer Insel in Stockholms Schärengarten gelesen und den Makler kontaktiert, weil ich die Vorstellung schon immer superspannend fand, eine eigene Insel zu kaufen. Danach habe ich einen Post daraus gemacht.

Und wie entsteht eine Geschichte?

BAM! So entstehen sie meist. Manchmal sind sie einfach so da und müssen runter geschrieben werden. Manchmal ist erst nur eine Grundstimmung vorhanden, eine Grundidee, die auf einem Zettel oder in einem Notizbuch steht. Oder eine Anfangsszene ist in meinem Kopf. Und irgendwann kommt der Moment und die Geschichte muss so schnell wie möglich festgehalten werden. Das ist dann ein Festbeißen. Danach kommt das sacken lassen und im Anschluss wird gefeilt und überarbeitet. Es ist ganz wichtig, Distanz zu bekommen, deshalb muss zwischen den einzelnen Arbeitsschritten Zeit liegen. Wenigstens drei Tage.

Wer oder was inspiriert dich? Was befeuert deine Kreativität?

Menschen, Bilder, Musik, Natur, auch, wenn ich in Bewegung bin, zum Beispiel auf dem Fahrrad oder auf der Autobahn.

Was bedeutet dir der Austausch mit anderen kreativen Menschen? Und wo findest du diesen Austausch?

Finden kann man den an vielen Stellen. In meinem Freundeskreis sind zum Beispiel viele kreativ. In Communities oder zum Beispiel bei Twitter habe ich andere Kreative kennengelernt. Das ist sehr wichtig für mich und wenn ich das richtig wahrnehme, auch für mein Umfeld. Dieser Austausch bringt dich weiter. Du formulierst Ideen, schärfst sie dadurch und bekommst ein Feedback. Allerdings hat das Grenzen. Viele Dinge musst du mit dir selbst ausmachen, zum Beispiel wenn du dein Schreiben verändern willst.

Feilst du gerade an deinem Schreibstil? Hast du neue Textformen, die du ausprobierst, eine besondere Kreativmethode oder liest du gerade zum Beispiel einen bestimmten Schreibratgeber?

Ich schwöre auf das Autorenhandbuch von Sandra Uschtrin, da stehen alle Fakten von Adressen bis Vertragsinhalten drin. Ich hab von Duden ein Buch über Spannung. Und ich hab die „Poetik“ von Aristoteles – der hat vor zigtausend Jahren schon alles gesagt, was nötig war. Das war es mit mir und den Ratgebern.

Seminare, Workshops bringen mir viel mehr. Der Austausch mit anderen. Das konkrete Arbeiten am Text. Und da arbeite ich tatsächlich gerade sehr daran so zu klingen, wie eine Geschichte in meinem Kopf klingt. Die ersten Sachen habe ich geschrieben, weil ich was gelesen habe und dachte: Das kannst Du auch. Und die sind gut gelaufen. Aber jetzt, als Anna Thur, lese ich diese Texte und will, dass sie anders klingen, mehr nach mir. Dieser Prozess ist nicht einfach und geht nur mit schreiben, schreiben, schreiben plus ausprobieren, lesen und zuhören. Vor Kurzem habe ich zum Beispiel einer Freundin einen Text gegeben, der mal ganz anders war. Er war drei Seiten lang. Bei ihr hat er so viel ausgelöst, dass sie mir mit einem fünf Seiten langen Brief geantwortet hat. Was ich darin gelesen habe, hat mir gezeigt, dass der Text richtig war. An der Stelle kann ich jetzt weiter machen.

Daneben versuche ich mich an neuen Textformen.

Hast du Zeiten, in denen es mit dem Schreiben nicht recht klappt und falls ja, hast du eine Methode, dich selbst motivieren zu können?

Oh ja, ich hab immer wieder Schreibblockaden. Ich weiß aber, dass das normal ist und ich erst wieder reinkommen muss. Die einzige Methode, die mir dabei hilft ist Schreiben: anfangen, heulen, zicken, sich mistig fühlen, weiterschreiben. Ist leider so.

Woran kann man, deiner Erfahrung nach, erkennen, dass man seinen eigenen Schreibstil gefunden hat?

Wenn du dich in deinem Text zu Hause fühlst und selber weißt, dass du angekommen bist. Man merkt das selber sehr deutlich. Du liest dann deinen eigenen Text auch einfach gerne. Vorher nerven Stellen oder der Klang der Sprache einer Geschichte.

Wenn dir jemand erzählt, er würde sich gern dem Schreiben widmen und er würde sich wünschen, dass seine Texte von Vielen gelesen werden, was würdest du raten?

Wenn deine Texte von Vielen gelesen werden sollen, müssen sie sehr gut lesbar und professionell umgesetzt sein. Gleichzeitig müssen sie das gewisse Etwas haben. Das heißt, wenn dein Text noch nicht so weit ist, solltest du an ihm arbeiten und dich ebenfalls weiterentwickeln.

Freust du dich über Feedback zu deinen Texten und wie gehst du damit um?

Feedback ist eine tolle Sache. Natürlich tut das auch manchmal weh, gerade wenn man sich eingestehen muss, dass man es selbst eigentlich schon weiß und schlimmer noch, im Augenblick keine Lösung hat. Und man muss natürlich aufpassen und sich fragen, ob die Kritik immer konstruktiv ist, ob du es vielleicht trotzdem so lassen möchtest. Das ist ganz unterschiedlich und muss man von Fall zu Fall sehen.

Positives Feedback ist der Wahnsinn und wenn dir Leute ganz intime Dinge schreiben, zum Beispiel was gerade mit ihrer Ehe passiert und warum deine Geschichten ein Trost sind. Mich bewegen solche Momente sehr und da entwickeln sich mitunter sehr schöne Gespräche daraus.

Was sind deine Pläne für die kommende Zeit?

Die neuen Textformen werden mich noch eine Weile beschäftigen. Ich habe bisher ja vor allem Kurzromane und Truestories veröffentlicht, auf meinem Blog und in Social Media mit Mikrogeschichten und Mikroromanen gespielt. Das entwickle ich gerade weiter und bin gespannt, wo das hinführt. Außerdem arbeite ich am nächsten Kurzroman-Band.

Vielen Dank für das interessante Gespräch.