Wie entsteht ein Buchcover?

In diesem Beitrag möchte ich dir erzählen, wie meine Buchcover in Zusammenarbeit mit dem Ylva Verlag entstehen und warum das für mich immer wieder eine besondere Zeit ist.

Wie gehst du vor, wenn du einen Buchladen aufsuchst, um dir ein neues Buch zu kaufen oder im Internet stöberst? Wovon lässt du dich leiten? Was genau an einem Cover berührt dich und spricht dich an?

 

Diese drei Bücher habe ich mir zuletzt gekauft, weil die Cover mich gepackt haben.

 

Das Eintrittstor in die Geschichte

Wenn ich nicht ganz gezielt nach der Neuerscheinung meiner Lieblingsautorin oder meines Lieblingsautors schaue, lasse ich meinen Blick über die Cover der Bücher schweifen. Was mich immer als erstes einnimmt, ist die Farbe eines Einbandes beziehungsweise eines Bildes. Suche ich zum Beispiel nach etwas gefühlvollem, sprechen mich helle Farben an und ist mir nach etwas nachdenklicherem, reagiere ich vor allem auf dunklere Farben. Ein Cover sollte somit vor allem die Atmosphäre eines Buches wiedergeben, um die eigene Gefühlswelt anzusprechen.

Für mich ist das Buchcover der Eingang, zu der Welt, die sich dahinter verbirgt.

Stell dir vor, wir stehen an einem Tor vor einem umzäunten Park. Das Tor ist aus Holz, die hellblaue Farbe ist abgesplittert, über seinen beiden Pfählen rankt Efeu und die Wurzeln eines Baumes haben sich durch den Zaun gedrückt. Ein Gewitter zieht auf und dicke, graue Wolken wandern über unseren Köpfen am Himmel entlang. Würden wir durch das Tor gehen, würde ich dahinter hohe Bäume erwarten, wilde Büsche, Krähen in den Ästen und unbeschnittene Rosensträucher. Und du?

Am nächsten Tag besuchen wir einen anderen Park, er ist ebenfalls umzäunt. Der goldenen Türknauf des schwarzen Eisentores glänzt in der Sonne. Der Himmel strahlt in hellem Blau. Vor den Pfählen des Tores befinden sich zwei Steinkübel mit gelben Rosen, die an Stöcken hochgebunden in die Höhe ragen. Wenn wir hindurchgehen, hätte ich die Erwartung, dass wir weite Flächen mit jungen Bäumen, kurzgeschnittenem Gras und gepflegten Blumenbeeten sehen würden. Du auch?

Genauso, wie dieser erste Eindruck des Eingangsbereiches bestimmte Erwartungen an das „Dahinter“ schürt, tut dies auch ein Cover.

Farben, Motiv, Details und Titel – Ein Zusammenspiel

Wenn ich mich von den Farben eines Buches angezogen fühle, lasse ich die weiteren Details auf dem Bild auf mich wirken, danach lese ich den Titel. Gefällt er mir, betrachte ich das Bild noch mal genauer. Denn genauso, wie der Titel mir bereits etwas über den Inhalt verrät, finden sich in dem Bild vielleicht weitere Informationen zu der Geschichte.

Betrachten wir gemeinsam die Cover der letzten drei Bücher, die ich mir gekauft habe. Der Titel „Die Zutaten zum Glück“ hätte zunächst eine Anspielung auf alle möglichen Zutaten sein können, jedoch geben die Bild-Details einen weiteren Hinweis auf die Geschichte. Tatsächlich ist die Hauptfigur eine leidenschaftliche Köchin, allerdings wird sie vor allem für ihre Kuchen von allen umschwärmt.

In der Geschichte „Weihnachten auf Samtpfoten“ taucht neben der weiblichen Hauptrolle eine weitere auf: eine Katze.

Das Cover von „Meine Freundin Angst“ ist künstlerisch und liebevoll gemalt. Meera Lee Patel hat sowohl das Cover, wie auch das gesamte Buch, selbst gestaltet. Das Zusammenspiel der dunklen und hellen Farben unterstützt die Wortkombination ‚Angst und Freundin‘ (negativ/positiv) des Titels.

 Die Essenz der Geschichte

Du kennst diese Situationen vielleicht auch, wenn du einen vielfältigen Inhalt in nur wenigen Worten wiedergeben sollst, zum Beispiel deinen Lebenslauf. Du überlegst dir vielleicht als erstes, wem du das Ganze erzählen wirst. Du fragst dich, was denjenigen besonders interessieren könnte und daraus ergibt sich die Frage, was ist die Essenz des Ganzen?

Ähnlich gehen ich und mein Verlag vor, wenn wir ein Cover planen und gestalten. Es geht um die Atmosphäre und den Kerninhalt des Buches, um dir als Leser*in einen ersten Eindruck zu geben, worauf du dich freuen kannst.

Das Grundgefühl in einem Bild

Wenn ich eine Geschichte schreibe, begleitet mich durchgängig ein bestimmtes Gefühl, welches ich am besten in Farbtönen wiedergegen kann. In meinem Roman „Letzte Zutat Liebe“ sind die beiden Hauptfiguren eine Köchin und eine Astronautin. Es geht um Düfte und Aromen, aber auch um die intensiven Farben unseres schönen Planeten beim Blick aus dem Weltall. Unnatürliche oder zu grelle Farben hätten in diesem Fall nicht zur Atmosphäre der Geschichte gepasst.

 

Der Ylva Verlag bezieht mich als Autorin in die Covergestaltung sehr stark mit ein. Vorab gibt es einen Fragebogen, der ihnen und dem Grafiker bzw. der Grafikerin helfen soll, meine Wünsche zu verstehen. Dort führe ich drei Beispiel-Cover von anderen Autorinnen aus dem gleichen Genre auf, um die Atmosphäre wiederzugeben, die in der Geschichte bestimmend ist. Hier geht es vor allem wieder um die Farbgebung, aber auch um die Anordnung auf dem Cover. Als weiteren Punkt zähle ich wichtige Motive auf, die eventuell zu sehen sein sollten. Die Verlegerin bespricht diese Ideen mit dem bzw. der Coverdesigner*in und sie lassen ihre gesammelten Erfahrungen mit hineinfließen.

Das Cover von „Letzte Zutat Liebe“ zu sehen, war für mich sehr berührend, denn ich hatte es mir in dem Stil erhofft und Dank der engen Zusammenarbeit im Vorfeld, gab es dieses Ergebnis. Ich finde, der Astronautenhelm und die Kochutensilien verraten schon einiges über die Hauptfiguren und die Themen. Die ungewöhnliche Kombination auf der Arbeitsplatte macht neugierig.

Es ist für mich immer ein sehr bewegender Moment, wenn das Cover fertig ist, denn ich weiß, es wird das Erste sein, was du zu sehen bekommst. Nach bis zu zwei Jahren Arbeit an der Geschichte, kann ich dir endlich das Tor zeigen, durch das es hindurch geht, in die Welt, die ich dir so gerne zeigen möchte.

Mein absolutes Lieblingscover ist übrigens dieses:

Ich mag Bilder von Händen sehr gerne und ich liebe Filme, deshalb finde ich diese Kombination besonders toll. Zudem ist „Liebe à la Hollywood“ auch eine meiner Lieblingsgeschichten geworden. Das Cover hat also gehalten, was es versprochen hat.

Hast du ein Lieblingscover? Findest du meine Herangehensweise und die vom Ylva Verlag gut, oder gibt es noch andere Dinge, die du dir auf einem Cover wünschen würdest? Ich bin sehr neugierig, was du darüber denkst und würde mich freuen, wenn du mir etwas dazu schreibst (inaspostkasten@ina-steg.de).

Herzlich

deine Ina

 

 

Von einem Einkaufszettel im Park und seinen Geschichten

 

 

Eine Geschichte entsteht manchmal nur durch eine Gegebenheit, durch einen bestimmten Moment. So war es auch mit „Letzte Zutat Liebe“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich mag die Einkaufszettel von anderen. Wenn ich einen im Einkaufswagen finde, schaue ich ihn mir an, betrachte die Art des Papiers, fahre die Handschrift mit der Fingerspitze entlang und studiere die Liste darauf. Ich stelle mir vor, wie die Verfasserin oder der Verfasser sie geschrieben hat und wofür. Manche Zettel sind sehr schlicht gehalten, einige detailliert, fast alle sind mit Kugelschreiber verfasst und oft auf kleinen weißen Notizzetteln aus einem Block. Ich lege die Zettel immer zurück, vielleicht schaut sie sich jemand anderes ja genauso gerne an wie ich.
Wenn ich spazieren gehen, schaue ich meist auf den Boden, auch wenn ich die Bäume und die Wolken liebe, halte ich gern Ausschau nach Steinen. Im März 2016 ging ich durch einen kleinen Park in der Nähe meiner Wohnung und sah etwas Weißes aufblitzen. Es war ein Zettel. Ich betrachtete ihn genauer, es war ein Einkaufszettel. Dafür, dass er auf der Erde gelegen hatte, war er kaum verschmutzt. Ich setzte mich in die Sonne und betrachtete ihn lange. Ich fragte mich, ob ihm jemand aus der Tasche gefallen war? Ich fand den Fundort ungewöhnlich, im Park zückt man selten seine Geldbörse. Der Knick in der Mitte war stark ausgeprägt, so als habe das Papier etwas länger in dieser Position verharrt. Vielleicht hatte ihn jemand eine Zeit lang in der Hosentasche?
Es war schön, was dieser Zettel alles in mir auslöste und zu welchen Fragen er mich verleitete. Die Zutaten schienen für ein umfangreiches Gericht zu sein, vielleicht sogar geplant für einen Besuch oder eine kleine Feier. Mir gefiel die Handschrift, besonders das große „K“ und das „L“, sie waren wie kleine Kunstwerke. Ich mochte den „Filzkleber“, der inmitten der Lebensmittel auftauchte, er tanzte so herrlich aus der Reihe, zudem schien er, so wie das Wort „Bananen“, von jemand anderem dazu geschrieben worden zu sein.
Ich behielt den Zettel und in den darauffolgenden Tagen schweiften meine Gedanken immer wieder ab. Hätte ich die Möglichkeit gehabt, der Verfasserin oder dem Verfasser ein paar Fragen zu stellen, hätte ich sie gerne genutzt. Wer weiß, was für eine Geschichte ich zu diesem Zettel erfahren hätte? Was mir persönlich nicht gelang, ließ ich meine damalige Hauptfigur, die neugierige Astronautin Laura erleben. Sie fand einen Zettel, folgte seiner Spur und traf auf die Köchin June. So entstand nach und nach ihre gemeinsame Geschichte. Was scheinbare Kleinigkeiten auslösen können, fasziniert mich immer wieder, ich denke, dass es sich lohnt, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken.

Hier geht es zu „Letzte Zutat Liebe“: https://ylva-verlag.de/buecher/letzte-zutat-liebe/

Bildrechte: (1) K. Salamon; (2) I. Steg.

Ein Gespräch mit Franziska Kirchhoff

Kirchhoff

„Das Lektorat hat mich sehr gefordert. Durch die Flut an Feedback, habe ich mich zunächst völlig weggespült gefühlt.“

 

 

 

 

Franziska Kirchhoff hat im Frühjahr diesen Jahres ihren Debüt-Roman „Neustart Berlin“ im Ylva Verlag veröffentlicht. In der gefühlvollen und abwechslungsreichen Geschichte geht es um die Turbulenzen eines Neuanfangs, die Unsicherheit beim Kennenlernen eines neuen Menschen und das Entdecken intensiver Gefühle.

In ihrer Freizeit ist die Wahlberlinerin oft mit ihrem Hund Rudi in der Natur unterwegs und erkundet bei langen Spaziergängen vor allem abgelegene Orte. Zudem geht sie gerne joggen, besucht ihre Familie oder trifft sich mit Freunden, zum Beispiel zum gemeinsamen Karaoke-Singen. Ideen für ein neues Schreib-Projekt gibt es bereits, an dem sie vor allem in den frühen Morgenstunden arbeitet.

 

Vielen Dank, dass du dir Zeit für das Interview nimmst. Erzähl doch mal ein wenig über dich, wer bist du, was machst du, wo findet man dich im Netz?

Da startest du zielsicher mit der schwierigsten Frage! Wer bin ich – und wenn ja wie viele?

Ich bin Franziska, die magische 30 habe ich bereits hinter mir gelassen. Wenn ich nicht Unternehmen in Marketing-Angelegenheiten berate, bin ich mit meiner Frau und unserem Hund Rudi zusammen. Seit 2011 leben wir in Berlin. Ich mag die Anonymität der Großstadt, die hat mir in dem kleinen Ort in Brandenburg, wo ich aufgewachsen bin, gefehlt. Was mich immer noch mit diesem Ort verbindet, ist meine Familie – die steht für mich über allem – und die Natur. Ich mag Aktivität, bin aber wenig spontan. Ich treib gern Sport, passe mich aber ungern dem Tempo anderer an. Ich bin sehr kritisch, aber keine Angst – am meisten mit mir selbst. Im Netz findet man mich bevorzugt auf Facebook. Ich freue mich über jeden Like für meine Autorenseite und weiß ehrliches Feedback wirklich sehr zu schätzen!

Wie lange schreibst du schon?

Angefangen hat das in der ersten Klasse, mit dem ABC. Mein Schriftbild ist in etwa auf diesem Stand geblieben. Ich hatte schon immer eine recht blühende Phantasie. In der Grundschule habe ich begonnen, meine erste Geschichte aufzuschreiben. Ich bin mir nicht sicher, ob ich bis zum Ende durchgehalten habe. Falls ja, gab es sicherlich ein Happy End – und vermutlich auch ein Einhorn. Dann hatte ich eine Durststrecke, die von der schlimmen Phase der Pubertät unterbrochen wurde. In dieser Zeit habe ich mich an Gedichten versucht. Es ging um Weltschmerz, verschmähte Liebe und glücklicherweise auch irgendwann um das Geschenk der Gefühlserwiderung. Dann kam wieder eine Weile nichts – das Gefühl musste ja schließlich ausgekostet werden. Während des Studiums kehrte irgendwann meine Lust am Schreiben zurück. Nach ein paar eher privat motivierten Kurzgeschichten entstand schließlich „Neustart Berlin“ bzw. „Einfach ein Gefühl“ – so lautete der ursprüngliche Arbeitstitel.

Wodurch hast du deine Leidenschaft für das Schreiben entdeckt?

Am Anfang war das Schreiben ein Ventil für mich. Ich habe Tagebuch geführt, dadurch Erlebnisse besser reflektiert und erkannt, dass es mir gut tut, mich auf diese Weise mit mir selbst auseinanderzusetzen. Mir fiel es schon immer sehr viel leichter Gefühle schriftlich auszudrücken. Inzwischen ist das Schreiben für mich zu einer Art Auszeit geworden. Ich tauche dann in eine ganz andere Welt ein. Plötzlich geht es nicht mehr um mich, meine Probleme oder Erlebnisse. Mich gedanklich und emotional komplett auf diese Phantasie einzulassen, gibt mir neue Energie, macht mich ganz munter und beflügelt so wiederum meine reale Welt.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem Ylva Verlag?

Ich würde sagen, es war Glück in letzter Minute. Ich hatte Kontakt zu mehreren Verlagen, die unterschiedliche Bedingungen an eine Zusammenarbeit stellten. Teilweise konnte oder wollte ich dem nicht gerecht werden. Ich stand kurz davor, mein Manuskript im Self-Publishing herauszubringen. Dann kam die Zusage vom Ylva Verlag und hier stimmte glücklicherweise alles: mein Gefühl und die Vertragsbedingungen.

Cover_Neustart-Berlin

Was hast du beim Lektorat über deinen Schreibstil gelernt? Kam neuer Input hinzu bzw. Vorschläge, die du beim nächsten Projekt intensiv umsetzen wirst?

Das Lektorat hat mich sehr gefordert – als Autorin, aber auch als Mensch. Da kam auf einmal so eine Flut an Feedback, dass ich mich zunächst völlig weggespült gefühlt habe. Ich musste erst lernen, dass ich mein Buchstaben-Baby nicht beschützen muss. Nachdem ich Denise, meine Lektorin, kennengelernt habe, wurde alles viel leichter. Wir haben Szenen gekürzt, umgestellt und einige neue Übergänge geschaffen. Ich neige dazu, Szenen zu schnell auszublenden, meine Kopfkamera springt einen Tick zu voreilig ins nächste Bild. Diese Erkenntnis ist eine von vielen, die ich in zukünftigen Projekten beherzigen werde.

Wie integrierst du das Schreiben in deinen Alltag?

In der Regel klingelt mein Wecker um 5 Uhr. Da ich kein Snoozer bin, springe ich dann auch sofort aus dem Bett – in regen Schreibphasen sogar höchst motiviert. Um in einer Arbeitswoche auch privat kreativ und produktiv zu sein, nutze ich die Morgenstunden. Ich brauche Ruhe und muss geistig noch ganz unverbraucht sein. Nach der Arbeit bin ich nicht mehr in der Lage auch nur einen geraden Satz zu denken. Am Wochenende fällt es mir verrückter Weise schwerer mir diesen Freiraum zu schaffen oder die Selbstdisziplin aufzubringen, um mich mehrere Stunden vor den Rechner zu klemmen.

Wie viel Zeit investierst du pro Woche ins Schreiben?

Das ist ganz unterschiedlich. Es gab Zeiten, da schrieb ich jeden Morgen ein bis zwei Stunden. Momentan befinde ich mich allerdings in einer schreibfreien Phase. Das ist aber nicht untypisch für mich, da sich mein Fokus immer mal wieder verschiebt. Ich habe das nächste Projekt schon fest im Blick, mir fehlt nur noch der letzte Motivationsschub.

Wie entsteht bei dir eine Geschichte, von der ersten Idee bis zum fertigen Text?

Hm. Ich wünschte, ich wüsste das so genau. Häufig komme ich gar nicht weiter als bis zur ersten Idee. Die ist dann aber auch wirklich der Anfang der Geschichte, wäre also quasi das erste geschriebene Kapitel. Gedanklich stehen die Ausgangssituation und zumindest die Charakterzüge des Hauptprotagonisten fest, bevor ich Entwicklungsszenarien durchspiele. Ich grübele oft schon sehr detailliert über Szenen oder Dialoge nach – lange bevor ich das erste Wort geschrieben habe. Wenn ich dann endlich zu schreiben beginne, entwickelt sich eine ganz eigene Dynamik, die ich gar nicht wirklich kontrollieren kann. Häufig wird alles, was ich in meinen Gedankenexperimenten schon beschlossen hatte, komplett über den Haufen geworfen und neu kreiert. Die nächste Session beginnt immer damit, dass ich das zuletzt geschriebene lese und überarbeite. Danach bin ich wieder ganz in dem Gefühl drin und kann weiterschreiben. Leider muss ich zugeben, dass es für mich keinen wirklich finalen Text gibt. Würde man mir „Neustart Berlin“ zum Editieren reichen, würde ich mit Sicherheit Änderungen und vermeintliche Verbesserungen vornehmen.

Wodurch formst du dein Schreiben? Liest du zum Beispiel Schreibratgeber, oder bist du in bestimmten Foren unterwegs?

Am Anfang habe ich mich durch ein paar Foren und Blogs gelesen. Aber ich bin kein rationaler Theoretiker. Ich muss selbst erleben, was bewusst eingesetzte Schreibtaktiken mit mir als Leser machen. Daher hat sich meine Art des Lesens verändert. Ich achte mehr auf Erzählperspektiven, Figurenentwicklung und das Verhältnis zwischen beschreibenden Passagen und Dialogen. Trotzdem fällt es mir schwer, mich in meinem Schreib-Flow zu bremsen, das Bauchgefühl kurz auszuschalten und stattdessen den eigenen Text analytisch zu bewerten. Glücklicherweise habe ich einen besten Freund, der meine Texte leidenschaftlich gern auseinanderpflückt.

Möchtest du deinen Leserinnen und Lesern noch etwas mitteilen?

Ich liebe es, wenn mich eine Geschichte richtig packt und ich in Lesepausen oder nach dem Auslesen noch ein wenig die Emotion der Story in mir trage oder sich meine Gedanken verselbstständigen und weiter um die Handlung kreisen. Daher wünsche ich den Leserinnen und Lesern ganz viele solcher tollen, einnehmenden Lesemomente und würde mich freuen, mit meinem Schreiben etwas dazu beitragen zu können. Übrigens bin ich sehr neugierig auf die „Neustart Berlin“ Leseerfahrungen – also gern her damit!

Bildrechte: Franziska Kirchhoff

 

Elf Fragen an Cori Kane

„Schreiben ist ein Handwerk, aber auch Kunst“

Ein Gespräch mit Cori Kane

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Cori Kane schreibt seitdem sie 14 Jahre alt ist, angefangen hat sie mit Gedichten und kleinen Geschichten. Seit dem letzten Jahr veröffentlicht sie regelmäßig Kurzgeschichten, im Mai dieses Jahres erschien ihre Novelle „The Affair“.

Cori probiert viele Kreativformen aus und nutzt dafür auch die unterschiedlichen Möglichkeiten im Internet. Seit sie im Jahr 2000 mit Fanfiction startete, hat sie unter anderem ihren Blog mit vielseitigen Beiträgen gefüllt und ist zum Beispiel auf Twitter sowie Tumblr vertreten.

 

 

 

Cori, ich freue mich sehr, dass du dir Zeit für dieses Interview nimmst. Auf deinem Blog setzt du dich unter anderem mit dir und deinem Schreibprozess auseinander. Du erzählst von schwierigen Zeiten, aber auch, dass du es immer wieder schaffst, deine Projekte weiter zu verfolgen. Wie geht es dir momentan mit dem Schreiben?

Danke, dass du mich gefragt hast, dieses Interview zu machen. Ich hatte ein paar Rückschläge dieses Jahr, aber ich habe endlich wieder angefangen zu schreiben. Es ist schwierig, sich nach einer relativ langen Zeit wieder hinzusetzen und täglich zu schreiben. Aber wenn das erst geschafft ist, dann läuft es auch. Und im Moment läuft es. Ich arbeite an einer Geschichte, die ich letztes Jahr angefangen habe: Halfway Home. Ich mag die Charaktere sehr, die Geschichte entwickelt sich allerdings noch in meinem Kopf. Ich hoffe, es wird ein Roman, wenn’s fertig ist.

Wie konntest du dich motivieren, wieder regelmäßig zu schreiben?

Ich glaube, das hat mit Motivation gar nicht so viel zu tun. Motiviert bin ich fast immer. Aber wir kennen das alle: es kommen einem Sachen dazwischen, im Leben läuft nicht alles rund, und das Schreiben kann man immer aufschieben. Ich musste zuletzt auf einen Zeitpunkt hinarbeiten, an dem ich gesagt habe: jetzt setz dich dahin und schreib. Und das hab ich dann gemacht. Aber wenn man erst einmal wieder richtig angefangen hat, dann kann man auch täglich wieder an den Schreibtisch zurückkehren und weiter geht’s.

Wie oft schreibst du und wie schaffst du es, das Schreiben in deinen Tagesablauf zu integrieren?

Ich hab nicht so wirklich einen geordneten Alltag, vor allem dadurch, da ich im Moment Arbeit suche. Sprich, bei mir läuft alles durcheinander und ich versuche immer, mir einen Stundenplan zu formen, oder zumindest eine Abfolge, die ich einhalte. Schreiben ist ein Punkt in dieser Abfolge, zumindest im Moment, bis alles wieder wild durcheinander läuft. Zurzeit schreibe ich etwa zwei Stunden am Tag, aber ich hab erst wieder angefangen. Das wird sich also steigern. Ich verwende außerdem noch Zeit für Recherche für eine Geschichte, die ich hoffentlich nächstes Jahr beginnen kann.

In diesem Jahr ist die Geschichte „Versch(l)ossen“ in der Anthologie „Suche Herz mit Namen“ veröffentlicht worden; zwei Frauen lernen sich kennen, weil eine von den beiden aus Versehen zwei Räder zusammengekettet hat. Erzähl mir etwas zur Entstehung dieser Geschichte. Woher kam die Idee? Wie hast du die Figuren entwickelt?

Die Idee für ‚Versch(l)ossen‘ ist schon recht alt, bestimmt schon zehn Jahre. Den Anfang hab ich damals geschrieben und die Geschichte für die Anthologie beendet. Damals hab ich fast mal mein Fahrrad mit einem anderen zusammengeschlossen und dachte, das wäre ein guter Ausgangspunkt für eine Geschichte. Erstaunlicherweise hab ich dann über zwei Figuren nachgedacht, die zwei ehemaligen Klassenkameradinnen recht ähnlich waren. Das mache ich normalerweise nicht, Charaktere nach Leuten formen, die ich kenne. Aber in dem Fall passierte das ganz natürlich. Die Ähnlichkeit ist aber oberflächlich – die beiden Mädchen, Frauen inzwischen, habe ich seit vielen Jahren nicht gesehen.

Schreibst du Geschichten parallel, oder schließt du erst eine ab, bevor du die nächste anfängst?

Das kommt auf das Format an. Fanfictions habe ich schon parallel geschrieben, ebenso wie Kurzgeschichten. Wenn ich an einer langen Geschichte arbeite, versuche ich immer, mich nur darauf zu konzentrieren – es sei denn, ich hab eine so gute Idee für eine Kurzgeschichte, dass ich sie einfach schreiben muss. Recherche läuft währenddessen immer nebenbei, und ich denke auch immer nebenbei noch über andere Geschichten nach.

Deine Muttersprache ist Deutsch, du schreibst zusätzlich auf Englisch, wie kam es dazu?

Am Anfang habe ich nur auf Deutsch geschrieben, aber als ich in der Schule Englisch gelernt habe, habe ich gemerkt, dass ich eine natürliche Affinität zu dieser Sprache habe. Ich habe angefangen, Bücher auf Englisch zu lesen. Es hat lange gedauert bis ich mich getraut habe, tatsächlich auf Englisch zu schreiben. Anfangs war das Fanfiction. Aber die Leute, die’s gelesen haben, mochten es. Und jetzt schreibe ich hauptsächlich auf Englisch. Der Markt ist größer und ich mag, dass die Sprache fließt, während Deutsch immer ein bisschen holprig daherkommt.

Wo findet man dich im Netz?

Wo findet man mich nicht? Ich hab Twitter, Facebook, Tumblr – alles unter dem Namen Corikane oder Cori Kane. Außerdem auch LiveJournal und Dreamwidth. Meine Fanfiction kann man auf Fanfiction.net und AO3, archiveofourown.org, finden. Und dann habe ich noch diverse Blogs. Der wichtigste ist mein Schreiberblog, den ich versuche zweisprachig zu halten, aber das meiste ist auch hier auf Englisch.

In welchem sozialen Netzwerk, bzw. auf welcher Seite liegt deine Hauptaktivität und warum?

Ich denke, ich verbringe meine meiste Zeit auf Tumblr. Ich habe einen Fanblog, was auf Tumblr bedeutet, ich reblogge einen Haufen Posts von Leuten, die dieselben Dinge mögen wie ich. Ich mag Tumblr vor allem, weil es sich wie ein Durchschnitt durch die Weltbevölkerung anfühlt, eine recht queere Welt, mit ganz vielen unterschiedlichen Erfahrungen und Meinungen. Ich finde das sehr interessant, aber die Gefahr besteht, dass man sich verliert. Im Moment versuche ich, mich zeitlich dort etwas einzuschränken. Aber an sich schaue ich auf den meisten Seiten mindestens einmal täglich vorbei.

Das klingt nach viel Input und einem regelmäßigen Austausch mit anderen, warum ist dir das wichtig?

Das ist eine Menge Input und, wie gesagt, man kann sich leicht verlieren. Aber das ist die virtuelle Welt und ich finde es dort einfacher, mich zu bewegen und Kontakt zu Leuten aufzubauen. Ich bin kein sehr sozial-aktiver Mensch. Ich habe meine Familie, ein paar Freunde, aber im Alltag nicht viel Kontakt zu anderen. Es können Tage vergehen, ohne dass ich mit einem einzigen Menschen rede. Das liegt nicht nur daran, dass ich introvertiert bin, das liegt vor allem daran, dass ich sehr verkopft bin. Manchmal will ich über eine meiner Lieblingsserien reden, oder ein gutes Buch, oder was auch immer und dann finde ich garantiert jemanden auf Tumblr, der sich auch dafür interessiert. Und dann ist das wieder erledigt. Das sind nicht zwangsläufig tiefsinnige Gespräche, aber ich muss nicht mal meine Wohnung verlassen, um mit Leuten in Australien oder den USA zu reden. Oder halt in Klein Kleckersdorf, wenn mir danach ist.

Du hast dich vor knapp fünfzehn Jahren entschieden, deine Art zu Schreiben durch Fanfiction öffentlich zu machen. Erzähl mir davon.

Damals hab ich mich mit anderen Xena-Fans in einem Forum ausgetauscht und dort auch Gedichte eingestellt. Irgendwann meinte einer der Jungs dort: deine Gedichte sind so gut, wieso schreibst du eigentlich keine Geschichten? Und ich dachte: warum eigentlich nicht? Und die erste Geschichte kam bei den Leuten gut an und dann hab ich sie an eine der Seiten geschickt, die damals deutsche Fanfiction veröffentlicht hat. Das war keine große Sache, obwohl es natürlich aufregend und cool war, wenn jemand geschrieben hat, dass er/sie eine Geschichte mochte. Ich hatte auch lange meine eigene Web-Seite, wo ich dann meine Geschichten raufgestellt hab.
Xena Fanfiction war für viele der Anfangspunkt. Man muss sich nur ansehen, wie viele der Schreiberinnen, die heute Lesbian Romance oder Lesbian Fiction schreiben, dort angefangen haben. Ich denke, Fanfiction ist ein guter Einstieg für jede Art von Schreibern, aber besonders für Romance. Man kann mit Charakteren arbeiten, die man selbst nicht erschaffen hat, sich in einer Welt bewegen, die vielen bereits bekannt ist. Man lernt, wie Dinge funktionieren, und dann kann man anfangen, seine eigenen Charaktere und Welten zu erschaffen. Oder man bleibt bei Fanfiction und betreibt Schreiben als Hobby.

Hast du dich dann auch noch mal speziell in das Schreiben von Kurzgeschichten und Romanen bzw. Novellen eingearbeitet?

Es ist ein bisschen beschämend zu sagen, dass ich mich mit dem Handwerk des Schreibens sehr wenig auseinandersetze und -gesetzt habe. Das meiste, was ich darüber weiß, kommt aus dem Studium, wo ich eher die Arbeit anderer interpretiert und kritisiert habe.
Ich habe in meinem ganzen Schreiberleben auch nur einen einzigen Ratgeber gelesen und das war Stephen Kings ‚About Writing‘, was mehr mit King zu tun hatte als mit dem Inhalt. Ich finde sein Buch durchaus hilfreich, wende aber lange nicht alles an, weil ich finde, dass Schreiben nicht für jeden auf die selbe Art und Weise funktioniert. Sicher, es ist ein Handwerk, aber ich finde, dass es auch Kunst ist. Und ich bin darin eher intuitiv als geschult.

Ich wünsche dir viel Erfolg für die nächste Zeit und freue mich darauf, bald wieder etwas von dir zu lesen.

 

[box] Romane und Kurzgeschichten von Cori Kane:

Cori`s erste veröffentlichte Kurzgeschichte heißt „A Lesson in Magic“ und ist in der Anthologie „Wicked Things – Lesbian Halloween Short Stories“ des Ylva Verlages erschienen. Die Anthologie erhielt in diesem Jahr den Goldie der Golden Crown Literary Society (GCLS). In diesem Jahr erschienen die Kurzgeschichten „Versch(l)ossen“ (als Teil der Ylva Anthologie „Suche Herz mit Namen“) und „Unser erster-letzter Tanz“ (in der Anthologie „Heartbeatclub“ des Größenwahn Verlages). Seit Mai ist die Novelle „The Affair“ (Ylva Verlag) erhältlich. [/box]